„Es ist eine Katastrophe“: Hamburgs Sexarbeiterinnen befürchten langfristiges Verbot
Seit Mitte März sind die Bordelle in Hamburg geschlossen. Viele Sexarbeiterinnen sind verzweifelt, einige befürchten sogar ein langfristiges Prostitutionsverbot. Denn trotz Demos und Hygienekonzepten dürfen die Häuser auch im Herbst nicht öffnen. Die MOPO sprach mit einer Betroffenen und erklärt, wie es weitergehen könnte.
Sozialsenatorin Melanie Leonhard (SPD) teilte am Dienstag mit, dass der Senat vor einer Öffnung der Bordelle erst das weitere Infektionsgeschehen abwarten wolle. Gemeinsam mit den Nachbarbundesländern Schleswig-Holstein und Niedersachsen gelte es, sich auf eine einheitliche Regelung zu verständigen. Ansonsten befürchte die Stadt eine Abwanderung der Bordellbesucher.
Hamburger Kiez: Sexarbeiterinnen bangen um Existenz
„Wir sind enttäuscht und traurig“, sagt Hanna von der Initiative „Sexy Aufstand Reeperbahn“ zur MOPO. „Die gestrige Pressekonferenz war eine Ohrfeige.“ Ihr Vertrauen in die Politik sei zerstört. „Ich habe hier gestern viele Tränen auf dem Kiez gesehen. Wir befürchten, dass viele jetzt ihren Hurenpass abgeben und illegal weiterarbeiten.“
Mehrmals demonstrierte die Initiative „Sexy Aufstand Reeperbahn“ in den letzten Wochen für eine Öffnung der Bordelle auf dem Kiez. Zuletzt hat die Branche sogar ein Hygiene-Konzept für Bordelle erarbeitet. Unterstützung erhält die Initiative bei ihrem Appell von angestammten Kiezianern und dem Verein „Interessengemeinschaft St. Pauli e.V.“.
Hamburgs Bordelle bleiben zu: Kommt das „nordische Modell“?
Mittlerweile seien viele Betroffene überzeugt, dass die Corona-Pandemie benutzt werde, um die Prostitution still und heimlich über einen langen Zeitraum zu verbieten. „Vielleicht kommt jetzt das ,nordische Modell'“, mutmaßt Hanna. Das hieße: Die angebotenen Sexdienstleistungen wären legal, doch wer sie in Anspruch nimmt, macht sich strafbar.
„Es ist alles nicht mehr nachvollziehbar, wir brauchen eine zeitnahe Lösung“, fordert die Aktivistin. „Prostitution wird man nicht verbieten können, denn dann verbietet man auch die Menschlichkeit.“
Hamburgs Huren fühlen sich als „Menschen am Rande der Gesellschaft“ behandelt
„Herr Tschentscher, wir sind fassungslos“, heißt es auf der Homepage der Gruppe. „Wir sind und waren solidarisch mit den Hamburger Mitbürgern, haben weder illegal gearbeitet noch lautstark protestiert!“
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Doch die Entscheidung des Senats habe einmal mehr gezeigt, „dass wir Menschen am Rande der Gesellschaft sind und wohl immer bleiben werden – ganz egal, ob wir uns anständig, vernünftig und corona-konform verhalten – oder eben auch nicht.“