„Ich bin kein Nazi-Freund!“: Warum einem Hamburger FDP-Mann die Tränen kommen
Gastbeitrag von Carl Cevin-Key Coste (FDP) –
Am Mittwoch habe ich mir die Demo vor unserer Parteizentrale angeschaut und musste mir von 1500 Demonstranten anhören: „FDP – Scheißverein – Wer lässt sich mit Nazis ein!“ Ich wusste, dass zumindest ein Teil davon auch mich damit meinte.
Im letzten Bürgerschaftswahlkampf haben Nazis Flyer von mir mit Hakenkreuzen verschandelt und bei mir zuhause mit Giftködern geworfen. Nach längerem Kampf ist mein Hund Smokey damals gestorben.
„Ich habe selbst Migrationshintergrund“
Ich habe selbst Migrationshintergrund. Habe die deutsche und die türkische Staatsbürgerschaft. In meiner gesamten politischen Aktivität habe ich immer und unmissverständlich eine klare Haltung gegen Rechts eingenommen.
Es ist für mich unerträglich als Nazi-Freund diffamiert zu werden. Ich bin immer noch fassungslos, dass mir eine Nähe zu Nazis unterstellt wird. Es ist nicht einfach nur auf ein FDP-Plakat geschrieben worden. Diese Bezeichnung haben die Täter mir mitten ins Gesicht geschrieben.
Den Druck, den einige Kandidaten gerade spüren, ist für viele von Euch vielleicht nicht nachvollziehbar. Aber es ist ein mulmiges Gefühl, wenn ein Fußabdruck auf Deinem Gesicht zu sehen ist.
FDP-Krise in Hamburg: Wut, Ohnmacht, Druck
Die Ohnmacht, die Du spürst, wenn Du durch die Allee deiner zerstörten Plakate schreiten musst. Mit nur einer Gewissheit: In den nächsten Tagen wird es gegen Dich und Deine Parteifreunde wieder Morddrohungen geben.
Ich kann damit umgehen. Es ist nicht mein erster Wahlkampf, in dem Familienmitglieder mir besorgt Bilder von verwüsteten Plakaten geschickt haben. Es ist nicht das erste Mal, dass Attacken gegen mich nicht nur verbaler Art sind. Ich habe mich aktiv dafür entschieden, dass mir meine politische Überzeugung wichtiger ist als meine persönliche Sicherheit.
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Aber Freitagabend, als ich zuhause angekommen bin und die Eindrücke Revue passieren lies, war es das erste Mal seit langer Zeit, dass ich wieder Tränen in den Augen hatte. Nicht meinetwegen, sondern weil ich Angst um unsere Demokratie habe.
Nach der Demo, zu der Sozialdemokraten und Grüne am Freitag aufgerufen haben, sind Teilnehmer genau dieser Demo durch die Innenstadt gezogen und haben durch solche Aktionen, wie auf dem Bild zu sehen ist, ihrem Frust Platz verschafft. Ich will nicht sagen, dass das Spdler oder Grüne waren. Von meiner bisherigen Erfahrung in Hamburg glaube ich das auch nicht.
Aber Ihr habt zu dieser Demo nicht alleine aufgerufen, sondern auch mit Organisationen, die offen gewaltbereit sind, wie der interventionistischen Linken. Ihr könnt uns gerne vorwerfen, was unsere Parteifreunde in anderen Bundesländern machen. Ihr müsst Euch aber jetzt von uns auch anhören, um mal den Sprachstil eurer Demoaufrufe zu übernehmen, mit wem Ihr paktiert und mit wem ihr hier in Hamburg gerade den Schulterschluss wagt.
Nach Demo in Hamburg: Zertrümmert nicht die Demokratie!
Passt auf, mit wem Ihr Euch einlasst in eurer blinden Wut gegen die FDP. In eurer blinden Wut seht ihr nicht, wie die politischen Ränder toben und zu einer Erosion der politischen Mitte führen.
Und dann, wenn sich der erste Schaum vorm Mund gelegt hat, werdet ihr darauf zurückblicken, dass das demokratische Feld zertrümmert wurde und auch diejenigen am Boden liegen, die immer mit Euch gegen totalitäre Strukturen gekämpft haben. Möglicherweise ist es aber dann zu spät. Zeigt jetzt Haltung.