Hamburger Hafen kommt nicht zur Ruhe: Tschentscher fordert Hilfe
Marode Brücken, Staus auf der Straße und auf dem Wasser, Streiks – der Hamburger Hafen kommt nicht zur Ruhe. Jetzt hat Bürgermeister Peter Tschentscher (SPD) von der Bundesregierung mehr Engagement für die deutschen Seehäfen gefordert. Deutschland brauche eine „nationale Hafenstrategie“.
Eigentlich steht der Bürgermeister selbst in der Kritik, was seine Hafenpolitik angeht. Der lange angekündigte Hafenentwicklungsplan liegt immer noch nicht vor. Seit Jahren wird er von der Opposition angemahnt.
Die CDU wirft dem rot-grünen Senat vor, die Augen vor der Not der Unternehmen und der Wirtschaft zu verschließen. Die Linke ist der Meinung, der Senat lasse den Hafen „verwahrlosen“.
Hamburger Hafen: Bürgermeister Tschentscher fordert Unterstützung vom Bund
Der Senat hat die Kritik stets zurück gewiesen. Wirtschaftssenator Michael Westhagemann (parteilos) betont immer wieder die gute Zusammenarbeit mit den Hafenunternehmen.
Um den Hamburger Hafen zu stärken, sieht Bürgermeister Tschentscher nun vor allem auch den Bund in der Pflicht. Am Dienstag forderte er von der Bundesregierung mehr Engagement für die deutschen Seehäfen. „Andere Länder wie Belgien und die Niederlande haben eine nationale Hafenstrategie“, erklärte der SPD-Politiker. Sie gingen gezielt vor und unterstützten ihre wichtigsten Häfen Rotterdam und Antwerpen, wobei auch andere Hafenstandorte einbezogen würden.
„In Deutschland gibt es seitens des Bundes keine aktive nationale Politik zur Unterstützung der Häfen“, bemängelte Tschentscher. Mit der im Bundeswirtschaftsministerium von Robert Habeck angesiedelten Grünen-Politikerin Claudia Müller gebe es zwar eine maritime Koordinatorin der Bundesregierung, „die aber sehr im Hintergrund wirkt“, wie Tschentscher sagte. „Wenn es darauf ankommt, stehen die Hafenstädte mit ihren Entscheidungen dann doch allein da.“
Bürgermeister: Bund soll sich an Hafeninvestitionen beteiligen
Der Bund sollte sich stärker an den Hafeninvestitionen beteiligen, forderte der Bürgermeister und betonte: „Die Seehäfen sind für die Anbindung der deutschen Wirtschaft an die internationalen Märkte von größter Bedeutung.“ In der Krise zeige sich jetzt besonders, welche Bedeutung die Häfen für die Wirtschaft, die Lieferketten und die Versorgung der Menschen hätten. „Es ist wichtig, dass sich der Bund und die Europäische Kommission genauso um die maritime Infrastruktur und Logistik kümmern wie die chinesische Regierung.“
Die Bundesregierung müsse sich auch jenseits der Kaianlagen aktiv um die Belange der deutschen Häfen kümmern, so Tschentscher. „Zum Beispiel, indem sie das Schienennetz im Umfeld der Häfen ausbaut und die Digitalisierung der Bahn vorantreibt.“
Konkurrenz liegt nicht in Deutschland – sondern in Europa
Der Wettbewerb zwischen den Häfen in Bremen, Wilhelmshaven und Hamburg lenke davon ab, „dass die eigentliche Konkurrenz in Rotterdam und Antwerpen liegt“, sagte er und warb erneut für eine Zusammenarbeit. „Die Senate von Bremen und Hamburg unterstützen die Idee einer gemeinsamen Terminalgesellschaft und gemeinsamen Strategie für die drei großen norddeutschen Seehäfen.“
Trotz der politischen Unterstützung hatten die HHLA und die Bremer Eurogate ihre Verhandlungen über einen Gemeinschaftsbetrieb der norddeutschen Containerterminals zuletzt vorerst auf Eis gelegt. Man habe beschlossen, die Gespräche „so lange zu vertagen, bis die Rahmenbedingungen für eine erfolgreiche Fortsetzung wieder stabil genug sind“, teilten die Unternehmen mit.
Bürgermeister hält an Hafenfusion fest
Die börsennotierte HHLA, die mehrheitlich der Stadt Hamburg gehört, hatte seit Frühjahr 2020 mit Eurogate darüber gesprochen, die acht Containerterminals beider Unternehmen in Hamburg, Bremerhaven und Wilhelmshaven in einer Gemeinschaftsfirma zu bündeln.
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„Ich halte das Projekt weiterhin für sinnvoll“, erklärte Tschentscher. Der Hamburger Hafen sei aber auch alleine stark. „Wir haben Vorteile, die kein anderer Hafen in Europa zu bieten hat wie die sehr gute Hinterlandanbindung mit der Bahn.“ Hinzu komme eine gute Vernetzung mit der Binnenschifffahrt, eine starke regionale Industrie und eine „insgesamt gute Logistik“.
Darüber hinaus sei die gute Anbindung der deutschen Häfen auch aus umweltpolitischen Gründen dringend geboten. Insgesamt müsse die Schienen-Infrastruktur für die Containerlogistik in Deutschland leistungsfähiger werden, um die Container von den Straßen zu holen, sagte Tschentscher. „Das ist auch für die Umsetzung der Klimaschutzziele dringend erforderlich.“
Der Zentralverband der deutschen Seehafenbetriebe begrüßte Teschentschers Forderungen nach einer nationalen Hafenstrategie: „Der Bund muss eine solche Hafenstrategie endlich zur Chefsache machen und alle Bundesländer und alle Seehafenbetriebe mit ihren verschiedenen Umschlagsgütern einbeziehen“, erklärte ZDS-Präsident Frank Dreeke. „Wir brauchen schnell gezielte Investitionen in die Infrastruktur, besonders bei Bahn und Digitalisierung, und faire Wettbewerbsbedingungen, um international weiterhin bestehen zu können.“ (mp/dpa)