„Erzieherische Maßnahmen“: Wie Verteidiger und Richter sich im Gzuz-Prozess bekämpfen
Dass Verteidiger und Richter in einem Verfahren auf unterschiedlichen Seiten stehen, ist klar. Aber dass der Anwalt vier Befangenheitsanträge gegen den Richter stellt und der Richter seinerseits eine „dienstliche Äußerung“ zum Smartphone des Verteidigers abgibt, das ist schon etwas Besonderes. Im Verfahren gegen Kristoffer Jonas Klauß (32), alias Rapper Gzuz, wird auf beiden Seiten mit harten Bandagen gekämpft.
Amtsrichter Johann Krieten wurde bundesweit bekannt, als er im ersten Verfahren um die G20-Ausschreitungen einen bis dahin unbestraften Studenten wegen eines Flaschenwurfes zu 31 Monaten Haft verurteilte. Das Urteil wurde in der nächsten Instanz sang- und klanglos aufgehoben, aber Krieten hatte seinen Ruf als Knallhart-Richter einmal mehr verteidigt.
Rapper Gzuz: Vier Befangenheitsanträge gegen Amtsrichter Krieten
Im Prozess gegen Rapper Gzuz (spricht sich „Dschisus“ aus, wie Jesus, Krieten sagt aber lieber ‚der Künstler Ge Zett U Zett‘) soll Krieten nun seine Macht als unabhängiger Richter gar missbraucht haben. So jedenfalls der Vorwurf der Verteidigung. Rechtsanwalt Christopher Posch, ein bekannter TV-Star, hat gleich vier Befangenheitsanträge gegen den Amtsrichter gestellt – und eine Strafanzeige wegen Rechtsbeugung.
Gzuz-Anwalt Christopher Posch: Schwere Vorwürfe gegen Krieten
So habe Krieten den Rapper der 187-Straßenbande etwa am ersten Prozesstag gezwungen, „durch ein Spalier von Pressevertretern“ zum Gerichtssaal zu gehen, statt ihm den wenige Schritte langen Weg vom Fahrstuhl zum Saal zu erlauben: „Amtsrichter Krieten hat das Interesse an optimaler Presseberichterstattung über die Persönlichkeitsrechte meines Mandanten gestellt“, so Anwalt Christopher Posch. Der Richter habe den Angeklagten „der Presse zum Fraß vorgeworfen“.
Außerdem habe Krieten den Rapper bereits im März zu Unrecht stundenlang in U-Haft gesteckt, obwohl sich Gzuz freiwillig bei Gericht gemeldet hatte. Als Kaution setzte der Richter damals 100.000 Euro gegen „Ge Zett U Zett“ fest.
Gzuz: Kaution wurde lange nicht zurück gezahlt
Auch diese Verfügung wurde vom Hanseatischen Oberlandesgericht OLG aufgehoben: Am 5. Juni entschied das OLG, dass das Geld umgehend wieder freigegeben werden müsse.
Es fehlte nur Krietens Unterschrift für die Rücküberweisung – drei Wochen lang. Der Verteidiger: „Krieten will durch Nichtstun den Angeklagten am langen Arm verhungern lassen.“ Der Richter, so der Vorwurf, wolle den Rapper „wiederholt erzieherischen Maßnahmen unterziehen.“
Amtsrichter Krieten geht Verteidiger Christopher Posch an
Auch Krieten bringt einen scharfen Ton ins Verfahren und geht seinerseits den Verteidiger frontal an: Posch habe am ersten Verhandlungstag dafür gesorgt, dass der Rapper mit einem Smartphone filmen konnte – obwohl Angeklagte ihr Handy vor Betreten des Strafjustizgebäudes abgeben müssen.
Krietens Logik: Da Jonas Klauß gründlich kontrolliert wurde, hat der Anwalt entweder das Rapper-Handy ins Gerichtsgebäude geschmuggelt, oder er hat ihm sein eigenes zur Verfügung gestellt. Beides findet der Amtsrichter skandalös: „Der Hausrechtsinhaber erwägt, Ihnen die kontrollfreie Betretung des Gebäudes zu entziehen.“
Über die Befangenheitsanträge muss nun ein anderer Richter am Amtsgericht entscheiden. Am 7. Juli wird der Prozess fortgesetzt. Dass der Tonfall zwischen Richter und Verteidigung milder wird, ist nicht zu erwarten.