Tränen und Zweifel: Die andere Seite von Hamburgs Beach-Star Laura Ludwig
Laura Ludwig (36) hat ein Buch geschrieben, zumindest ein bisschen. Verfasst hat es ihre Vertraute Alexandra Muz Huber, als Ghostwriterin, die Ludwigs Gedanken ordnete. „Ich kann nur labern“, sagt Ludwig, schon E-Mails-Schreiben falle ihr schwer. Es ist immer viel los in ihrem Kopf, Ludwig ist ein sehr emotionaler Mensch, bei ihrer Buchvorstellung kommen ihr zweimal die Tränen. „Gold ist eine Glaubensfrage“ (Edel Sports, 19,95 Euro) heißt ihre Autobiografie, und genau darum geht es: Wie Ludwig mit ihrem chaotischen Kopf die beste deutsche Beachvolleyballerin werden konnte.
Sie selbst hat lange genug nicht daran geglaubt. Bis sie 2012 Julius Brink und Jonas Reckermann spielen sah. Sie hatten alles, was ihr fehlte: Selbstüberzeugung, Glaube, der ganz große Erfolg. „Wie gelang es ihnen, so bei sich zu bleiben?“, fragte sich Ludwig, die selbst bei jedem vergebenen Matchball anfing zu zweifeln. „In Stressmomenten hatte ich meinen Nerven nichts entgegenzusetzen. Nichts rettete mich vor ihnen.“ Brink und Reckermann gewannen das Finale, Ludwig dachte: „Wenn die das können, kann ich es auch.“
Autobiografie von Laura Ludwig: „Gold ist eine Glaubensfrage“
Sie stellte die Ernährung um, begann mit einer Psychologin zu arbeiten, obwohl sie damit keine guten Erfahrungen hatte. Das Problem: Sie nahm sich zu wenig Zeit für Übungen, progressive Muskeltentspannung (PMR) dauerte der ständig ungeduldigen Ludwig zu lange. Aber Anett Szigeti machte ihr eine Kurzversion, knapp zehn Minuten, und richtete Ludwigs Blick. Zeigte ihr Übungen wie die „Fernbedienung“, mit der einfach umgeschaltet wird, wenn sich ein Fehler eingeschlichen hatte. „Ich ordnete das Chaos in meinem Kopf“, schreibt Ludwig.
Im Buch geht es immer wieder um Selbstzweifel und Rückschläge, die andere Seite der ständig lachenden Beachheldin. Die schwierigen Wochen nach der Geburt vom ersten Sohn Teo, ihrem Wunschkind, als sie das Haus nicht verließ und an allem zweifelte: Als Mutter, weil es mit dem Stillen nicht klappte. Als Athletin, die körperlich immer weiter zurückfiel hinter den Zeitplan. „Es gab Berge, die ich nicht erklimmen konnte; Zweifel, gehöre ich hier eigentlich hin?“
Beachvolleyball: Laura Ludwig jetzt im Team mit Louisa Lippmann
Denn das einzige, das in ihrem Kopf geordnet war, war lange der Sport. Es schien, als würden die Linien des Beachvolleyballfeldes auch ihre Gedanken festlegen. Ludwig kann sich sofort an ein Match erinnern, gar an einen einzigen Punkt. „Ich habe da ein fotografisches Gedächtnis. Aber ob ich was gegessen habe, daran muss ich erinnert werden.“
Dafür hat sie Familie und ihren neuen Alltag, auf den sie sich vollständig eingelassen hat: Die Zusammenarbeit mit ihrer jetzt engen Vertrauen Szigeti, deren Mutter sogar die Ersatzoma für Ludwigs Söhne wurde. Teamarbeit mit ihrem Mann und Bundestrainer Imornefe „Morph“ Bowes, der ihr Leben als Wippe zeichnete: „Ich sollte mich nicht auf eine Seite setzen, denn dann würde das leere Ende steil in den Himmel zeigen. Stattdessen sollte ich versuchen, in der Mitte zu stehen. Dann konnte ich – wenn es die Situation erforderte – einen Schritt in Richtung Karriere gehen, oder umgekehrt“, schreibt Ludwig.
Mit Sara Goller gewann sie die Europameisterschaft, mit Kira Walkenhorst wurde sie 2016 Olympiasiegerin und 2017 Weltmeisterin. Nach Teos Geburt scheiterte das Comeback mit Maragareta Kozuch. Jetzt, wenige Monate nach der Geburt vom zweiten Sohn Lenny, will sie aus diesen Fehlern lernen und wagt wieder einen Neuanfang. Zusammen mit Louisa Lippmann, der besten deutschen Hallenspielerin der vergangenen Jahre, will sie bei Olympia in Paris 2024 an den Start gehen. „Nach dem zweiten Kind wollte ich eigentlich aufhören, aber ich fühle noch nicht, dass Schluss ist“, sagt Ludwig. „Ich liebe es, Mami zu sein, aber ich liebe es auch, zu gewinnen.“