MOPO-Talk: Wie machen wir Wohnen bezahlbar?
Der Wohnungsneubau gerät ins Stocken, die Zahl der Sozialwohnungen sinkt – und wo noch Wohnungen gebaut werden könnten, kommt es wie auf dem Holsten-Areal zu einer wahnwitzigen Preisspirale, die nur noch teures Wohnen erwarten lässt. Wie machen wir Wohnen da bezahlbar? Darüber haben Stadtentwicklungssenatorin Dorothee Stapelfeldt (SPD), zwei prominente Vertreter der Wohnungswirtschaft und die Geschäftsführerin von „Mieter helfen Mietern“ beim zweiten „MOPO Talk“ diskutiert.
Eigentlich sind öffentlich geförderte Wohnungen ein gutes Investment, meint Hamburgs wohl bekanntester Immobilienunternehmer Dieter Becken, einer der Gäste beim MOPO-Talk im „Gausz“ in der Gaußstraße (Ottensen) am Donnerstag. Mittlerweile seien Bau und Grundstücke aber so teuer, dass öffentlich geförderte Wohnungen ohne Hilfe des Staates kaum noch möglich seien, sagt er.
Hamburger Wohnungswirtschaft: Brauchen mehr günstige Grundstücke
Auch Andreas Breitner, Geschäftsführer des Verbands norddeutscher Wohnungsunternehmen, schaut düster in die Bau-Zukunft Hamburgs. Explodierte Baukosten, der Fachkräftemangel – und nun auch noch die steigenden Zinsen und Unsicherheiten machten es besonders Genossenschaften und der SAGA schwer. Gerade der Bau von Sozialwohnungen sei so oft nicht mehr wirtschaftlich, sagte er.
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Aber wie dagegen vorgehen? Die beiden Vertreter der Wohnungswirtschaft sind sich einig: Die Stadt sollte mehr Grundstücke bereitstellen – und günstig sollten sie sein. Becken fordert zudem, dass schneller Bebauungspläne auf den Weg gebracht und Baugenehmigungen erteilt werden.
Aber wo sollen diese Flächen herkommen? Auch Senatorin Stapelfeldt meint, dass mehr planungsfähige Flächen ausgewiesen werden müssen und setzt vor allem auf Innenentwicklung. Das Baulandmobilisierungsgesetz soll helfen, und auch höheres Bauen.
Holsten-Areal: 50 Prozent Sozialwohnungen möglich
Immerhin 1200 Wohnungen sollen auf dem Holsten-Areal in Altona entstehen – wenn sich ein zuverlässiger Käufer für das ehemalige Brauerei-Areal findet, das seit Jahren von einem Immobilienunternehmen zum nächsten gereicht und dabei immer teurer wird. Einer der Interessenten ist Dieter Becken. Beim MOPO-Talk gibt er sich zuversichtlich, dass die angeschlagene Adler-Group an ihn verkaufen wird. Zum Preis wird er nicht konkret – nur so viel: Sein Angebot sei deutlich günstiger als die 364 Millionen Euro, mit denen das Areal bei der Adler-Group in den Büchern steht.
Sollte er das Gebiet bekommen, würde er dort 600 Sozialwohnungen bauen, verspricht Becken. Das sind ganze 50 Prozent – offiziell sind bei Neubauprojekten nur 35 Prozent Pflicht. Könnte man den Anteil dann nicht auch sonst anheben? Die Sprecherin von „Mieter helfen Mietern“, Sylvia Sonnemann, schlägt sogar eine Erhöhung auf bis zu 60 Prozent vor. Auch Breitner hält bis zu 50 Prozent für denkbar. Senatorin Stapelfeldt sagt, dass schon heute freiwillig ein höherer Anteil geförderter Wohnungen entstehen kann.
Mieter helfen Mietern: Mieter besser schützen!
Für Sonnemann ist Neubau aber nur ein Teil der Lösung. Denn bis die Wohnungen fertig sind, müssten Mieter besser vor der dramatischen Preisentwicklung geschützt werden. Die Mietpreisbremse funktioniere nicht, weil viele Mieter zögerten, sich zu wehren.
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Deshalb fordert sie: Längere Belegungsbindungen bei Sozialwohnungen und Reformen vom Bund, um in Mietpreise einzugreifen – etwa durch eine schärfere Kappungsgrenze (Begrenzung des Mietanstiegs in drei Jahren; liegt in Hamburg aktuell bei 15 Prozent) oder ein Verbot von Indexmieten. Die Stadt sollte im Bund eine Diskussion um Mietendeckel anzustoßen, und größere Unternehmen dazu verpflichten, einen Teil der Wohnungen zu günstigeren Preisen anzubieten.
Auch die Senatorin sieht großes Potenzial in einer schärferen Kappungsgrenze. Hamburg hatte sich für eine Senkung auf zehn Prozent starkgemacht, war aber gescheitert. Die jetzige Bundesregierung hat angekündigt, sie auf elf Prozent senken zu wollen. „Es ist bitter, dass das Justizministerium, das in Berlin dafür zuständig ist, das noch nicht auf den Weg gebracht hat“, sagt Stapelfeldt. Es wäre eine einfache und umsetzbare Möglichkeit, Mieten zu stabilisieren.