Fischsterben in der Oder: Giftwasser fließt in die Ostsee
An den Ufern entlang der Oder werden derzeit tonnenweise tote Fische geborgen. Die Ursache ist unklar, Untersuchungen dazu dauern an. Während Polen nun zur Aufklärung eine Belohnung ausgesetzt hat, wird vor einer dramatischen Ausbreitung in die Ostsee gewarnt.
So rechnet derzeit das Umweltministerium in Mecklenburg-Vorpommern mit Auswirkungen des Fischsterbens in der Oder auf das Stettiner Haff.
Es sei damit zu rechnen, dass die Belastungen die Odermündung nahe Stettin in Polen abhängig von Wind- und Strömungsverhältnissen bereits am Abend erreichen, schrieb das Ministerium in einer Mitteilung am späten Freitagabend. Im Verlauf des Samstags könnte dann auch der vorpommersche Teil des Stettiner Haffs betroffen sein.
Massives Fischsterben in der Oder zieht weitere Kreise
Das Ministerium von Till Backhaus (SPD) rief daher die Anlieger vorsorglich dazu auf, auf das Fischen in und die Wasserentnahme – unabhängig von der Nutzung – aus dem Gewässer zu verzichten. Die zuständigen Behörden in Mecklenburg-Vorpommern bereiten demnach aktuell Gewässer- und Fischproben vor.
Im Oder-Grenzgebiet in Brandenburg haben unterdessen hunderte Helfer am Samstag damit begonnen, tote Tiere einzusammeln. In der Kleinstadt Lebus nahe Frankfurt (Oder) habe sich am Ufer durch die Verwesung der Fische laut Berichten ein unangenehmer Geruch ausgebreitet, Vögel würden tote Fische wegzerren.
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„Ich rechne mit mehreren Tonnen Fisch, die wir rausholen“, sagte Thomas Rubin für die Kreisverwaltung Märkisch-Oderland. Dort seien auf rund 80 Kilometern Länge etwa 300 Helfer vor allem am Ufer unterwegs. Die Bürgermeisterin der Stadt Schwedt an der Oder, Annekathrin Hoppe (SPD), sagte im „rbb-Inforadio“ am Samstag, die Helfer:innen seien beim Einsammeln mit Schutzanzügen ausgerüstet. Es sei davon auszugehen, dass dort gesundheitsgefährdende Stoffe für den Menschen vorhanden seien.
Nach Angaben von Brandenburgs Umweltminister Axel Vogel weist die Oder „sehr stark erhöhte Salzfrachten“ auf, also die Menge der im Wasser gelösten Salze. Das sei „absolut atypisch“, sagte der Grünen-Politiker am Freitagabend im RBB-Fernsehen. Vogels Ministerium erklärte, die gemessenen Salzfrachten könnten im Zusammenhang mit dem Fischsterben stehen. „Nach jetzigen Erkenntnissen wird es jedoch nicht ein einziger Faktor sein, der das Fischsterben in der Oder verursacht hat“, hieß es in einer Mitteilung.
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Die Ergebnisse seien aber „noch nicht voll aussagefähig und nicht abschließend“, hieß es. Weitere Untersuchungsdaten soll es in der kommenden Woche geben. Etwaige Quecksilber-Funde werden weiter überprüft, so Vogel.
Polen setzt Belohnung für Aufklärung der Umweltkatastrophe aus
Die Ursache für das massenhafte Fischsterben entlang der Oder ist noch nicht klar. Bisherige Laboranalysen brachten noch keinen Aufschluss, die Ursache wird jedoch in Polen vermutet. Dort wurde für die Aufklärung des massenhaften Fischsterbens jetzt eine Belohnung von umgerechnet rund 210.000 Euro ausgesetzt, wie Vize-Innenminister Maciej Wasik am Samstag in erklärte. Die Regierung vermutet, dass eine riesige Menge an chemischen Abfällen in den Fluss gekippt wurde. „Wir wollen die Schuldigen finden und die Täter des Umweltverbrechens bestrafen, um das es hier wahrscheinlich geht“, betonte Regierungschef Mateusz Morawiecki.
Polens Regierung und Behörden stehen massiv unter Druck, weil sie zu zögerlich vor dem Fischsterben gewarnt hätten, der Umgang löste auch personelle Konsequenzen aus: Regierungschef Morawiecki entließ etwa den Chef der Wasserbehörde und den Leiter der Umweltbehörde. Auch in Deutschland kritisierten Bund und Land offen, Polen habe nicht rechtzeitig informiert und die übliche Meldekette bei solchen Ereignissen nicht eingehalten.
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Morawiecki schließe weitere personelle Konsequenzen nicht aus. Er räumte ein, er habe erst am 10. August von dem massiven Fischsterben erfahren: „Ich wurde auf jeden Fall zu spät informiert.“ Polnische Behörden hatten nach Regierungsangaben bereits Ende Juli erste Hinweise darauf bekommen, dass in dem Fluss massenweise verendete Fische treiben. Politiker:innen und Naturschützer:innen bezeichneten die Folgen der Oder-Verschmutzung bereits als Umweltkatastrophe. (dpa/mp)