Gas-Umlage: Kommt das nächste Entlastungspaket rechtzeitig?
Was alle in der Ampel-Regierung eigentlich verhindern wollten, ist eingetreten: Verbraucher müssen auf die beschlossene Gas-Umlage auch Mehrwertsteuer zahlen. Dies gab die EU-Kommission am Dienstag bekannt. Das erhöht den Preis für Kunden – und den Druck auf die Politik, mit den Entlastungspaketen schnell zu Potte zu kommen.
Das Statement aus Brüssel war kurz, aber eindeutig: „Eine Streichung der Mehrwertsteuer ist nicht möglich“, erklärte ein Sprecher von EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen. Man wolle mit der Bundesregierung aber im Kontakt bleiben „um Lösungen zu finden“.
Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck und Finanzminister Christian Lindner (FDP) hatten gehofft, sie könnten bei der Umlage auf die Mehrwertsteuer verzichten, damit sich der Staat nicht ungewollt noch eine goldene Nase verdient. Zum Vergleich: Für eine vierköpfige Familie mit durchschnittlichen Gas-Verbrauch macht die Frage Mehrwertsteuer ja oder nein einen Unterschied von 92 Euro im Jahr aus. Die Gas-Umlage soll zum 1. November erstmals auf den Abrechnungen auftauchen.
Habeck will Kompensation für Mehrwertsteuer schaffen
Habeck hatte für den Fall eines negativen Bescheids aus Brüssel angekündigt, den Betrag über andere „Ausgleichsmechanismen“ an die Bürger zurückzugeben. Wie diese genau aussehen könnten, war zunächst unklar. Habeck: „Für viele Menschen werden das Erhöhungen sein, die nicht armutsgefährdend sind, für manche andere aber sehr wohl.“ Sie müssten von einem weiteren Entlastungspaket begleitet werden, so der Politiker.
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Der gesellschaftliche Druck für weitere Entlastungen zu sorgen, ist nicht gerade gering. Linken-Parteichef Martin Schirdewan hält die Umlage an sich für unsozial. Seine Partei ruft deshalb inzwischen zu neuen Montagsdemonstrationen auf. Sören Pellmann, Ostbeauftragter der Linken, sieht die Umlage gar als „Schlag gegen den Osten“. Wegen geringerer Einkommen und Rücklagen dort sei die Umlage „für Hunderttausende Ostdeutsche eine Rutschbahn in die Existenzkrise“.
SPD-Chef Klingbeil drängt den Bundeskanzler
Die Gewerkschaft Verdi sieht auch vor allem Menschen mit niedrigem Einkommen in Gefahr: „Die Bundesregierung ist gefordert, ein weiteres Entlastungspaket auf den Weg zu bringen, das die Menschen vor Energiearmut schützt“, sagte der Verdi-Vorsitzende Frank Werneke. „Das Herumschrauben am Einkommenssteuertarif ist dafür keine Lösung.“ Er fordere einen Gaspreisdeckel für den normalen Verbrauch. Die Kosten hierfür müssten auf dem Niveau von 2021 gedeckelt und für die Energieversorger ausgeglichen werden.
Kanzler Olaf Scholz (SPD) hatte ein weiteres Entlastungspaket angekündigt. „Wir lassen niemanden alleine mit den höheren Kosten“, erklärt er. Doch selbst in der SPD scheint es Zweifel zu geben, ob dieses noch rechtzeitig kommt. Scholz‘ Ankündigung müsse „jetzt zügig mit Leben gefüllt werden“, erklärte Parteichef Lars Klingbeil. „Wir sind fest verabredet in der Regierung, dass wir die Bürgerinnen und Bürger weiter entlasten. Aber es muss jetzt zügig, sehr bald geschehen.“
Unterscheidliche Vorstellung über die Art der Entlastung
Doch noch immer ist ziemlich unklar, wie eine weitere Entlastung konkret aussehen könnte. Lindner will Entlastung durch einen Abbau der „kalten Progression“. Doch diese würde frühestens im nächsten Jahr greifen. SPD und Grüne setzen neben Änderungen im Steuersystem unter anderem auf eine Weiterentwicklung des 9-Euro-Tickets und besseren Schutz von Mietern in finanzieller Not. Zur Finanzierung wollen SPD und Grüne die Einführung einer Übergewinnsteuer.