Tanzende Regierungschefin: Wir sind doch nicht bei den Taliban
Es gibt eine Menge Sachen, die man als Politikerin im Privatleben einfach nicht machen sollte. In den Urlaub fahren, während eine Flutwelle Menschenleben vernichtet, etwa. Sein Geld in Steueroasen anlegen (nicht mal, wenn das legal ist) oder seine Kontakte für Freunde und Verwandte spielen lassen. Aus der Kirche austreten und dann kirchlich heiraten. So was eben.
Was man als Politikerin (und natürlich auch als Politiker) im Privatleben durchaus darf: tanzen, feiern, ausgelassen sein. Wir sind doch nicht bei den Taliban, herrje. Oder in den USA bei den wiedererweckten Christen.
Was Sanna Marin wegen einiger privater Partyvideos an moralischer Entrüstung entgegenschlägt, ist erschütternd – und es hat einen ekligen sexistischen Unterton. Wir sehen in Europa Politiker, die an den Grundfesten unserer Werte rütteln, Viktor Orbán in Ungarn oder Jaroslaw Kaczynski in Polen. Oder Boris Johnson, dieser Clown, der Großbritannien ins Chaos gestürzt hat.
Aber ausgerechnet Sanna Marin, die Finnland besonnen und seriös durch die Pandemie gesteuert hat, die ihre Landsleute nach jahrzehntelanger Neutralität nun in die NATO führt, die fühlt sich dermaßen unter Druck gesetzt, dass sie nun freiwillig einen Drogentest machte, um die Öffentlichkeit zu besänftigen? Das ist doch irre.