Der Hauptangeklagte (hinten), zwei weitere Angeklagte sowie weitere Beteiligte beim Prozess im Hamburger Strafjustizgebäude
  • Der Hauptangeklagte (hinten), zwei weitere Angeklagte sowie weitere Beteiligte beim Prozess im Hamburger Strafjustizgebäude.
  • Foto: Christian Charisius/dpa

Frau zweimal nach Niedersachsen entführt – „tut mir leid, was da abgelaufen ist“

Nach seiner Inhaftierung will sich eine Frau von ihrem langjährigen Partner trennen. Doch der soll mit Gewalt reagiert haben. Jetzt steht der 52-Jährige zusammen mit seinem Sohn und dessen Freund wegen gemeinschaftlicher Geiselnahme in Hamburg vor Gericht.

Im Prozess um die zweimalige Entführung einer Hamburgerin nach Niedersachsen hat einer der drei Angeklagten seine Beteiligung eingeräumt. Sein mitangeklagter Freund habe ihn angerufen und gefragt, ob er ihm helfen könne, sagte der 25-Jährige am Mittwoch vor der Strafkammer am Landgericht Hamburg. Wobei er helfen sollte, habe er nicht gewusst.

Hamburg: Mann (52) soll Ex-Freundin zweimal entführt haben

Die Staatsanwaltschaft wirft dem 52 Jahre alten Hauptangeklagten, dessen 26 Jahre alten Sohn und dem 25-Jährigen gemeinschaftliche Geiselnahme in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung vor. Der Prozess hatte bereits Ende Juni begonnen, musste aber wegen zu langer Unterbrechung aufgrund von Krankheitsfällen und Abwesenheit eines Angeklagten von vorne beginnen.

Der 52-jährige Deutsche soll versucht haben, mit den Entführungen, Schlägen und Todesdrohungen seine Lebensgefährtin zur Fortsetzung der Beziehung zu zwingen. Die damals 39 Jahre alte Frau hatte erklärt, dass sie sich nach 23-jähriger Beziehung von ihm trennen wolle. Der Grund dafür war laut Anklage ein mehrwöchiger Aufenthalt des Mannes in Untersuchungshaft.

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Der 52-Jährige soll die Frau am 13. April 2020 in Hamburg-Eidelstedt in sein Auto gelockt haben und mit ihr in einen Wald bei Bad Bentheim (Niedersachsen) gefahren sein. Auf der Fahrt soll der Mann ihr K.o.-Tropfen in einen Kaffee gegeben haben. Wegen des Geschmacks habe sie ihn aber nicht getrunken. Nach Schlägen und Drohungen habe sie sich ihrem Partner gefügt, erstattete dann aber Strafanzeige.

Hamburg: Frau in Auto gezerrt und mit Schüssen bedroht

Wenige Tage später soll der 52-Jährige die Frau erneut entführt haben. Er habe ein Auto gemietet und seinen Sohn und dessen Freund um Mithilfe gebeten. Dem Freund habe er dafür 1000 Euro versprochen. Am 19. April 2020 sollen die drei Männer der Frau in der Tiefgarage ihrer Wohnung aufgelauert haben.

Die 39-Jährige sei in Begleitung des gemeinsamen Sohnes gewesen. Der 18-Jährige habe sich vor seine Mutter gestellt. Der 26-jährige Sohn des Vaters soll laut Anklage mit einem Elektroschocker auf seinen Halbbruder geschossen haben, traf aber nur dessen Jacke. In der folgenden Schlägerei ging der 18-Jährige zu Boden. Die Angeklagten hätten die Frau auf die Rückbank ihres Mietwagens gezerrt und seien mit ihr davongefahren. Auf der Fahrt soll der Freund des Sohnes laut Anklage gesagt haben, „das er kein Problem damit hätte, ihr eine Kugel in den Kopf zu jagen“. Nach sechs Tagen befreite die Polizei die Frau in Nordhorn und nahm den 52-Jährigen fest.

25-jähriger Mitangeklagter sagt aus: „Tut mir leid, was da abgelaufen ist“

Der 25-Jährige aus Fehmarn erklärte am Mittwoch, dass er am Tattag gemeinsam mit den beiden anderen Angeklagten zur Tiefgarage in Eidelstedt gefahren sei. Die beiden Mitangeklagten seien überrascht gewesen, dort die Frau und deren Sohn zu treffen. Sein Freund habe mit dem Halbbruder gerangelt. Er sei ihm zu Hilfe gekommen. „Ich wusste zu dem Zeitpunkt gar nicht, was da los ist“, sagte der Angeklagte. Sie seien mit der Frau losgefahren. „Die Stimmung im Auto war sehr, sehr angespannt.“ Er habe von dem Vater seines Freundes 1000 Euro bekommen. Das Geld sei jedoch eine Rückzahlung für Schulden gewesen. Auf die Frage seines Verteidigers, wie er persönlich zu dem Ganzen stehe, sagte er: „Tut mir leid, was da abgelaufen ist.“

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Der angeklagte Sohn des 52-Jährigen wollte am Mittwoch entgegen einer Ankündigung doch nicht aussagen. Bei einem Haftprüfungstermin im November 2020 hatte er seine Beteiligung an der zweiten Entführung eingeräumt, wie aus einem Protokoll hervorging, das der Vorsitzende Richter verlas. Demnach habe sein Vater mit seiner Lebenspartnerin nur reden wollen, aber ihn und seinen Freund zu dem Treffen mitnehmen wollen, da er eine Eskalation mit deren Sohn befürchtete. Den Taser habe er nur zur Abschreckung mitgenommen.

Nach Angaben eines Gerichtssprechers wurde der 52-Jährige im Juni 2019 vom Amtsgericht Hamburg wegen Steuerhinterziehung zu einem Jahr und zwei Monaten Haft auf Bewährung verurteilt. Am 19. Januar 2021 verurteilte ihn das Landgericht Oldenburg wegen Diebstahls, Brandstiftung und Betrugs zu drei Jahren und vier Monaten Haft. Beide Urteile sind rechtskräftig. (dpa)

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