• „Frauenrechte sind Menschenrechte“: Tausende demonstrieren gegen die unmenschliche Verschärfung des Abtreibungsgesetzes in Polen.
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Abtreibungsgesetz: Warum es wichtig ist, dass Polen gegen diese Ungerechtigkeit kämpft

Warschau/ Hamburg –

Polen hat bereits eines der strengsten Abtreibungsgesetze in Europa – doch nun hat das polnische Verfassungsgericht die Regeln noch einmal verschärft. Seit Donnerstag sind Abtreibungen auch dann verboten, wenn der Fötus schwer fehlgebildet ist. Denn: Selbst in so einem Fall sieht das Gericht einen Verstoß gegen das in der Verfassung garantierte Recht auf Leben. Doch hier geht es nicht um Lebensschutz, es geht um Politik. Und deshalb ist es wichtig, dass tausende Polinnen und Polen dagegen protestieren.

Der „Schutz des Lebens“ scheint für Politiker (übrigens nicht nur in Polen!) nie so relevant zu sein, wie in dem Moment, in dem eine Frau über ihren eigenen Körper bestimmen will. Wie es den bereits lebenden Frauen geht, ist dabei anscheinend Nebensache oder schlichtweg irrelevant. Unter dem Schutzmantel der Religion wird nun auch in Polen gnadenlos Politik gegen das Selbstbestimmungsrecht von Frauen betrieben. 

Polen wird derzeit von der nationalkonservativen PiS-Partei regiert. Sie stellt den Präsidenten und kontrolliert das Verfassungsgericht. Die Verschärfung des Abtreibungsparagrafen ist schon länger Thema, bisher widersetzte sich die Partei jedoch dem Druck des rechten Flügels. Doch die Rechten, wie auch die 15 Prozent der Polen, die laut Umfragen eine Verschärfung des Gesetzes wünschten, haben einen starken Waffenbruder: die katholische Kirche. Sie unterstütze die PiS bei allen Wahlen.

Die Geistlichkeit als Unterstützer an ihrer Seite zu wissen, dürfte die 114 PiS-Abgeordneten befeuert haben – das Verfassungsgericht entschied nun aufgrund der Initiative der Politiker.

Keine Frau entscheidet sich leichtfertig für einen Schwangerschaftsabbruch

Das Thema Abtreibung führt bei vielen Männern (und leider auch Frauen) immer wieder zu der wahnwitzigen Unterstellung, Frauen würden spontan entscheiden, quasi aus einer Laune heraus, den Fötus in ihrem Leib abzutreiben. Um es deutlich zu sagen: Solche Aussagen sind nicht nur eine Unverschämtheit, aus ihnen spricht auch völliges Unwissen und absolute Empathielosigkeit.

Denn tatsächlich ist es so: Wenn sich eine Frau für eine Abtreibung entscheidet, tut sie das, weil sie keine Alternative sieht. Keine Frau bricht eine Schwangerschaft aus Spaß oder Langeweile oder Unbequemlichkeit ab. Zu groß sind die eigenen Bedenken, zu stark der eigene Moralkompass, der gesellschaftliche Druck, die Angst.

Und auch der Weg zu einem Abbruch ist hart: Das Thematisieren beim Frauenarzt, bei dem man nicht weiß, wie er reagiert. Der Gang zu Vertretern von Beratungsorganisationen, der in Deutschland verpflichtend ist. Immer wieder muss man seine Entscheidung begründen, sich Angriffen und Überredungsversuchen aussetzen und ein schlechtes Gewissen vermitteln lassen. Das alles begleitet von den typischen Symptomen einer Schwangerschaft, wie andauernder Übelkeit und Appetitlosigkeit. Am Ende die Operation selbst, die viele Risiken birgt.

Deshalb ist es höchstproblematisch, dass die polnische Führung versucht, Frauen zum Austragen auch schwerstkranker Kinder zu zwingen. Das neue Gesetz gefährdet ihre Gesundheit, bevormundet Frauen und spricht ihnen das Recht ab, über den eigenen Körper zu entscheiden.

Aktivisten befürchten illegale Abtreibungen

Frauenrechtsorganisationen in Polen rechnen deshalb damit, dass sich viele Frauen in ihrer Verzweiflung an Ärzte im liberaleren Ausland wenden – schätzungsweise könnten das bis zu 150.000 Polinnen sein. Und auch die Furcht vor illegalen Abtreibungen mit gefährlichen Methoden treibt die Organisationen um.

Ein immer wieder in sozialen Netzwerken geteiltes Statement zur Lage in Polen fasst die Ängste ganz gut zusammen: „Ein Abtreibungsgesetz verhindert keine Abtreibungen – es macht sie nur viel gefährlicher.“

Daher ist es wichtig, dass derzeit Tausende in dem Land auf die Straße gehen und gegen die Verschärfung des Abtreibungsgesetzes protestieren. Damit die betroffenen Frauen wissen, dass sie nicht alleine sind, dass sie Verbündete haben.

Und selbst wenn ihr Protest das Gesetz nicht wieder kippt – er kann den Betroffenen in dem Moment helfen, in dem diese mit ihrer Angst normalerweise ganz alleine sind: auf dem Weg zur OP.

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