Nach dem Hopp-Eklat: Was jetzt im deutschen Fußball passieren muss
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Wenn man diesem Spieltag der Fußball-Bundesliga etwas Positives abgewinnen will, dann ist es die Reaktion der Mannschaften von Hoffenheim und Bayern, deren Spiel am Sonnabend wegen einer üblen Beleidigung gegen TSG-Mäzen Dietmar Hopp zweimal unterbrochen werden musste. Die Spieler einigten sich auf einen symbolträchtigen Schulterschluss, spielten sich den Ball während der verbleibenden 13 Minuten nur noch gegenseitig zu. Sie setzten ein Zeichen. Sie standen zusammen gegen Hass im Fußball. Diese Reaktion kann aber nur der Anfang sein.
Der Fußball ist ein Spiegel unserer Gesellschaft. Dieser Satz ist nicht neu. Und doch höchst aktuell. Hass ist nicht nur salon-, sondern ganz offensichtlich auch stadionfähig.
Hass gegen Menschen anderer Herkunft, Hass gegen Homosexuelle, Hass gegen Juden – und ja, auch Hass gegen einen Milliardär, der mit dem beliebtesten Sport der Deutschen keine besonders fußballromantischen Pläne hat.
Nach Eklat um Dietmar Hopp – das muss jetzt passieren
Dass dies kein Grund für Hetze sein sollte, scheinen viele Zuschauer in deutschen Fankurven nicht zu verstehen. Und um eines klarzustellen: Beleidigungen wie die am Sonnabend („Hurensohn“) oder auch vorher – Hopp zuerst im Dortmunder, danach im Gladbacher Fadenkreuz – das sind Botschaften des Hasses, da kann es keine zwei Meinungen geben.
Solche Aktionen sind nicht zu rechtfertigen. Die „Suedkurve Muenchen“, ein Zusammenschluss von Bayern-Fanklubs, versuchte es trotzdem. Sie unterstellte Hopp, er habe einen Privatkrieg mit mehreren Fanszenen angezettelt. Bisher habe sie Kritik „auf eine andere Art und Weise artikuliert“, damit aber sei nun Schluss. Was die Fans empört, ist die Kollektivstrafe, die der Deutsche Fußballbund (DFB) gegen Dortmunder Fans ausgesprochen hat, nachdem Hopp wiederholt beleidigt worden war. Das Urteil schließt alle BVB-Fans für drei Jahre vom Besuch bei Spielen in Hoffenheim aus – obwohl der DFB solche Strafen nicht mehr verhängen wollte. Das, argumentierten die Bayern-Anhänger, sei auch für sie ein Affront, „den wir nicht unbeantwortet lassen können“.
DFB-Chef Fritz Keller irrlichtert auf der Suche nach Lösungen
Nun, die Kollektivstrafen sind zweifelsohne hart. Gerade für Unbeteiligte. Aber was ist die Alternative, wenn sich die Täter im Block vermummen? Es gibt keine. Denn totale Überwachung dürfte in Ultra-Kreisen auf ungefähr so viel Ablehnung wie RB Leipzig stoßen. Gar keine Strafen sind ebenso undenkbar. Im Gespräch ist auch eine App, auf der Fans andere Fans für ihr Fehlverhalten melden können. DFB-Präsident Fritz Keller irrte derweil auf der Suche nach einer Lösung im ZDF-Sportstudio herum wie ein führerloses Schiff in stürmischer See.
Dabei ist es jetzt auch am DFB, auf die Fans zuzugehen, mit ihnen weiterhin zu sprechen. Denn so wie an diesem Wochenende kann es nicht weitergehen. Vier Spiele mussten unterbrochen werden, auch die Sonntags-Partie zwischen Union Berlin und dem VfL Wolfsburg stand vor dem Abbruch, nachdem auch Fans der „Eisernen“ Hopp im Fadenkreuz gezeigt hatten.
„Suedkurve Muenchen“ sieht keine Alternative
Der DFB muss handeln, Ignoranz seitens des Verbandes oder kollektives Ausgrenzen als Allzweckwaffe der Zukunft bringen nichts. Das braucht man nur bei der „Suedkurve Muenchen“ nachzulesen. „Man muss den Wortlaut nicht gutheißen, aber es gab für uns hierzu keine Alternative, da nur so das Thema die nötige Aufmerksamkeit erhält“, rechtfertigten sich die Bayern-Fans.
Die Ultras wollen Aufmerksamkeit, notfalls auch zum Preis der sportlichen Niederlage ihres Vereins und auf Kosten von Respekt und Anstand. Dass sie diese zum Beispiel mit fliegenden Klopapierrollen oder Tennisbällen – Spielunterbrechung garantiert – erhalten können, scheinen sie zu vergessen. Und bezeichnen die Unterbrechung in Hoffenheim, Teil eines Drei-Stufen-Plans des DFB, der unter anderem auch bei Rassismus greifen soll, als „einfach nur überzogen und absurd“.
Vorgehen in Hoffenheim muss zum Maßstab werden
Übertrieben waren die Maßnahmen in Hoffenheim mitnichten. Denn wer so etwas ignoriert, toleriert: Hass. Auch die Kritik, das Verhalten der Spieler in Hoffenheim sei unverhältnismäßig gewesen, ist unangebracht. Nicht sie handelten übertrieben. Vielmehr war die Reaktion auf die Affenrufe gegen Jordan Torunarigha völlig unzureichend.
Das Vorgehen in Hoffenheim sollte nun zwingend zum Maßstab werden bei künftigen Vergehen. Es muss gegen Rassismus, Sexismus, Antisemitismus, aber auch gegen jede andere Spielart von Hass gleichermaßen hart vorgegangen werden. Nur so kämpft der DFB glaubwürdig gegen Hetze.
Bundesliga: Der deutsche Fußball braucht ein neues Gesicht
Ziel muss es sein, dem Fußball ein neues Gesicht zu verleihen. Eines, das den Blick nach vorne richtet, offen ist und kommunikativ. Vorstellbar ist das. Dem Fußball haftete schon einmal der Ruf an, Menschen auf der Welt vereinen zu können, ohne dass sie sich kannten, über alle Sprachgrenzen hinweg.
Jetzt ist der Zeitpunkt da, an dem er ebendies beweisen kann. Der Weg ist lang. Aber ein Anfang gemacht.