SPD zögerlich: Ampel-Schlacht um weitere Waffenlieferungen
Die jüngsten Erfolge der ukrainischen Armee befeuern erneut die Diskussion: Müsste Deutschland nicht genau jetzt weitere Offensiv-Waffen liefern? Während sich FDP und Grüne dafür aussprechen, gibt sich die SPD weit zurückhaltender – und mit ihr die Bundesregierung. Der russische Botschafter in Berlin versucht sich derweil als Angstmacher.
Die ukrainische Armee hat in den Regionen Charkiw und Cherson in den vergangenen Tagen mehr als 1000 Quadratkilometer zurückerobert und dabei große Mengen Kriegsgerät erbeutet. Das kann nicht einmal mehr der Kreml bestreiten. Wladimir Putin hat deswegen Generalleutnant Roman Berdnikow gefeuert. Der „Kommandeur West“ der russischen Armee war gerade einmal 16 Tage im Amt.
Nouripour: „Alle wissen: Es ist noch mehr möglich“
Um die Rückeroberungen durch die Ukraine zu beschleunigen und das Leben ukrainischer Soldaten besser zu schützen, plädieren die Grünen dafür, nun mindestens auch Schützenpanzer des Typs „Marder“ zu liefern. Und im Zweifel auch den Kampfpanzer Leopard 2. „Alle in der Regierung wissen, dass noch mehr möglich wäre“, sagte Grünen-Co-Chef Omid Nouripour. „Da sollte nicht nur im Ringtausch, sondern, wo möglich, auch direkt aus den Beständen von Bundeswehr und Industrie geliefert werden“, so der Politiker.
Auch die Vorsitzende des Verteidigungsausschusses, Marie-Agnes Strack-Zimmermann (FDP), sieht das so. Jetzt sei das „Momentum“ da, entsprechende Waffen zu liefern. Das Argument, Deutschland werde so zur Kriegspartei lässt sie nicht gelten: „Wir haben es hier mit einem völkerrechtswidrigen Überfall Russlands auf die Ukraine zu tun, die Ukraine verteidigt völkerrechtskonform ihr eigenes Land, und es ist auch konform, dass die Partner Waffen liefern können.“ Unterstützung kommt von FDP-Chef Christian Lindner. Man müsse „jeden Tag“ prüfen, ob man der Ukraine nicht noch mehr helfen könnte, schrieb er auf Twitter.
Lambrecht und Kühnert mit verschiedenen Begründungen
In der SPD sind aber viele skeptisch. Verteidigungsministerin Christine Lambrecht (SPD) argumentiert, aus Beständen der Bundeswehr könne nichts mehr geliefert werden, da sonst ihre eigene Verteidigungs- und Bündnisfähigkeit leide. Mit dieser Position stellt sie sich ausdrücklich gegen NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg. Der hatte kürzlich erklärt, es sei jetzt wichtiger, die Ukraine zu unterstützen, als nach Plan gefüllte Waffenlager in NATO-Staaten zu haben. Interessant: SPD-Generalsekretär Kevin Kühnert argumentiert völlig anders als Lambrecht: Deutschland wolle Russland durch die Lieferung von Panzern nicht dazu animieren, „völlig irrational zu handeln und am Ende noch ganz andere Staaten anzugreifen.“
Diese mitschwingende Angst versucht auch der russische Botschafter in Berlin, Sergej Netschajew, zu befeuern. Deutschland habe bereits mit seinen bisherigen Waffenlieferungen „ein rote Linie überschritten, die es nicht hätte überschreiten dürfen“, erklärte er am Montag. Er verwies dabei auf den Zweiten Weltkrieg.
Scholz will keine deutschen „Alleingänge“
Und der Kanzler? Olaf Scholz (SPD) schließt eine Panzer-Lieferung bisher aus. Er verweist auf die aus Deutschland bereits übergebene Artillerie und Flugabwehr. Außerdem liefere bisher kein anderes westliches Land moderne Panzer an die Ukraine. Und deutsche „Alleingänge“ seien mit ihm nicht zu machen. Allerdings: US-Botschafterin Amy Gutmann wünscht sich noch mehr Engagement der Bundesregierung. Was bisher geschehen sei, sei bewundernswert. „Aber meine Erwartungen sind noch höher an Deutschland. Wir müssen alles machen, wozu wir in der Lage sind.“ Ob sie damit auch Kampfpanzer meine, ließ sie auf Nachfrage offen.
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Laut verschiedenen US-Medienberichten diskutiert US-Präsident Joe Biden gerade mit seinen Experten darüber, ob nicht auch Panzer aus US-Beständen geliefert werden sollten. Immerhin habe die ukrainische Armee ihre Offensiv-Fähigkeiten nun ausreichend unter Beweis gestellt. Käme es so, würde sich wohl auch die SPD nicht mehr zieren.