Warum St. Pauli acht Wochen der Wahrheit erwarten – und wer liefern muss
Der Ärger vieler Fans über den Saisonstart des FC St. Pauli hat beim Remis gegen Sandhausen einen neuen Höhepunkt erreicht. Auch die sportliche Leitung hat nun klar geäußert, mit zehn Punkten nach acht Spielen nicht zufrieden zu sein. Vom eingeschlagenen Weg und der Personalpolitik ist man trotz magerer Ausbeute und wachsender Kritik weiter überzeugt. Hat St. Pauli tatsächlich genügend Qualität im Kader, um oben mitzuspielen? In spätestens acht Wochen sind alle schlauer.
Neun Spiele sind es bis zur WM-Pause, die für die Kiezkicker nach dem Spiel in Karlsruhe am 12. November beginnt. Dann wird sich zeigen, ob Jackson Irvine mit der nach dem 1:1 gegen Sandhausen geäußerten Einschätzung richtig liegt, dass sein Team das Zeug zu einer Topmannschaft hat. Ob es richtig war, nicht noch einen Stürmer zu verpflichten und dem vorhandenen Personal zu vertrauen und Zeit zu geben. Oder ein Fehler.
Neun „Spiele der Wahrheit“. Mit ungewissem Ausgang, aber definitiv einem finalen Erkenntnisgewinn. Ohne Wenn und Aber.
Bei St. Paulis Stürmern besteht Luft nach oben
Es sind zugleich neun Spiele, in denen einige Akteure in den Reihen der Braun-Weißen nicht nur besonders im Fokus stehen werden, sondern auch in der Verantwortung oder sogar Pflicht, abzuliefern.
Da wären die Stürmer, die in den kommenden Wochen das in sie gesetzte Vertrauen und die wiederholte verbale Rückendeckung rechtfertigen müssen, besser noch: mit Toren zurückzahlen. Bei Johannes Eggestein (drei Tore, zuletzt vier Spiele ohne), Etienne Amenyido (ein Tor), Igor Matanovic (zwei Assists) und David Otto ist noch Luft nach oben, zum Teil reichlich. Auch der schon im Sturm eingesetzte Lukas Daschner (ein Tor, zwei Vorlagen) muss zu dieser Gruppe gezählt werden.
Bornemann: „Sind von der Qualität unserer Stürmer überzeugt“
„Wir sind weiterhin von der Qualität unserer Stürmer überzeugt“, hatte Sportchef Andreas Bornemann unlängst in der MOPO betont. Auf Strecke wird die Qualität von Stürmern, mögen sie noch so fleißig an vorderster Front arbeiten, aber in Toren gemessen.
Zwar haben nur vier Mannschaften mehr Tore geschossen als St. Pauli, aber angesichts des Aufwands (139 Torschüsse, Platz zwei) sind 14 Buden zu wenig. Elf Teams haben eine bessere Erfolgsquote. Die Kiezkicker sind gefährlich, aber nicht treffsicher genug. In diesem Bereich steckt viel Potenzial, braucht es aber auch Qualität im Abschluss.
St. Pauli muss defensiv stabiler werden
Die Defensive ist nicht minder gefordert. Erst ein Spiel ohne Gegentor hat St. Pauli zustande gebracht, dafür aber sechs mit mindestens zweien, was bei drei 2:2-Remis sechs Punkte weniger bedeutet. Nur fünf Teams haben mehr Treffer kassiert als die Kiezkicker (13). Kollektiv muss besser verteidigt werden, aber auch individuell wurden bislang die Möglichkeiten nicht ausgeschöpft.
In der Pflicht sind insbesondere Spieler wie Leart Paqarada und Jakov Medic, die bis vor kurzem noch Bundesliga-Pläne verfolgten. Sie sollten ihre Ambitionen und Selbsteinschätzung mit höchstem Zweitliganiveau untermauern, am besten Woche für Woche. In den ersten acht Spielen der Saison war dies für Spieler ihrer Güte und mit ihrem Selbstanspruch zu selten der Fall.
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Wie viel Substanz und Qualität wirklich im Kader steckt und ob es reicht, um im oberen Drittel mitzuspielen und gar die Top drei anzugreifen, wird man in acht Wochen wissen, bei Saisonhalbzeit. Es gilt, in den kommenden neun Spielen deutlich mehr Punkte zu holen als in den ersten acht. Gelingt das nicht, hat St. Pauli ein echtes Problem.