Quietschbunte „Carmen“ in Hamburg: Die einen rufen „Bravo“, die anderen „Buh“
„Carmen“ geht immer. Insofern ist die Hamburgische Staatsoper mit ihrer Saisoneröffnungspremiere vom Samstag kein besonderes Wagnis eingegangen. Herbert Fritsch ist es gelungen, das Premierenpublikum in eine regelrechte Auseinandersetzung über Georges Bizets Oper zu verwickeln: Für seine Regie erntete er einen Sturm von Bravorufen und Buhs.
Statt die Oper in die Gegenwart zu holen oder ihre Rollenbilder sozialkritisch zu befragen, entwirft Fritsch eine in sich geschlossene Welt, in der er mit den Klischees fröhlich spielt. Als Bühnenbild reichen ihm ein paar goldene Vorhänge und bemalte Prospekte. Bunt sind José Lunas Kostüme, er steckt die Figuren in schwindelerregende Blockfarben von Grün über Türkis und Violett bis, natürlich, Carmen-Rot.
„Carmen“ in Hamburg: Buh-Rufe und Applaus
Fritschs Spezialität ist die Personenregie. Er verlangt den Darstellern eine regelrecht abstrakt erscheinende Gestensprache ab und gewährt dadurch Einblick in das Seelenleben der Figuren: Jeder Schritt, jeder Blick hat Gewicht. Ein besonderes Händchen hat der Regisseur für Komik. Das Quintett von Carmen, ihren Freundinnen und den beiden Schmugglern ist reinster Slapstick.
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Maria Kataeva als Vollblut-Carmen mit phänomenal farbenreichem Mezzosopran und bezwingender Bühnenpräsenz ist der alles überstrahlende Stern des Solistenensembles. Yoel Gamzou scheut am Pult des Philharmonischen Staatsorchesters vor extremen Tempi und jähen Tempowechseln nicht zurück. Das sorgt für einige Wackler zwischen Bühne und Graben und bringt auch ihm Buhs ein. Ein spannender Abend ist es allemal. (dpa/mp)