Hamburgs Helden in der Corona-Krise: Friseurin: „Ich habe Angst um meine Existenz“
Das öffentliche Leben steht still. Und auf einmal fällt auf: wie viel Pfleger, Ärzte, Verkäufer, Polizisten und Co. für die Allgemeinheit tun, ohne dass sie im Rampenlicht stehen. Es geht um jene Berufsgruppen, die sich nicht an das Gebot der Stunde halten können: nämlich möglichst wenig Kontakt zu ihren Mitmenschen zu haben. Sie stehen Tag für Tag in ihrem Job, gehen ein höheres Risiko ein als andere – für uns alle. Die MOPO sprach mit einigen von ihnen. Heute: Eine Friseurin aus Eimsbüttel.
Neben Lebensmittelläden gehören Friseure zu den wenigen, die noch öffnen dürfen. So wie Maja Perez (48), die in Eimsbüttel gleich zwei Mal vertreten ist: mit dem Geschäft „Basic Line Haarschneider“ an der Müggenkampstraße und mit dem „Hauptquartier“ am Stellinger Weg.
MOPO: Wie ist die Situation bei Ihnen im Job derzeit?
Maja Perez: Schwierig. Und chaotisch. Ich versuche gerade, all meine Kunden, die für nächste Woche Termine haben – und ich bin voll ausgebucht –, auf diese Woche zu verlegen. Weil ich davon ausgehe, dass nächste Woche die Ausgangssperre kommt und wir alle schließen werden. Auf diese Weise versuche ich, noch so viel Geld in die Kasse zu bekommen wie möglich, vielleicht rettet uns das den Hals.
Haben Sie Angst, sich anzustecken? Nein. Ich bin noch relativ jung, mein Sohn auch – und meine Eltern wohnen 150 Kilometer entfernt und schotten sich ab. Ich habe keine Angst um meine Gesundheit, sondern um meine wirtschaftliche Existenz und die meiner Angestellten. Und von daher bin ich froh und dankbar um jeden Kunden, der kommt – einerseits. Andererseits finde ich es problematisch, was gerade passiert. Ich verstehe einiges nicht. Ich verstehe die Kriterien nicht: Wieso darf ein Baumarkt geöffnet sein, ein Schuhladen nicht, wieso darf ein Friseur aufhaben, ein Bordell nicht? Ich kann als Friseur keinen Mindestabstand halten, ich arbeite ganz eng am Kunden. Und mit jedem Kunden steigt das Risiko, dass ich mich infiziere und ich andere infiziere und die wiederum andere.
Mir geht es im Moment ausgezeichnet, aber es kann gut sein, dass ich gerade wie eine Biene, die von Blume zu Blume fliegt und Pollen verteilt, das Virus an alle meine Kunden weitergebe. Allein gestern hatte ich zwölf Kunden, denen ich die Haare gemacht habe. Zwölf! Das ist gut fürs Geschäft, moralisch finde ich es schwierig. Wie sagte doch gestern eine Kundin zu mir, die kam, um sich die Haare färben zu lassen, über sich selbst: „Offensichtlich ist mir meine Eitelkeit wichtiger als die Moral.“
Was erwarten Sie vom Staat? Es ist doch so: Ich kann mir nicht leisten, selbst die Entscheidung zu treffen, meinen Laden zu schließen. Das geht wirtschaftlich nicht. Erst wenn der Staat mich zwingt, habe ich einen Anspruch auf staatliche Hilfe. Und deshalb wünschte ich mir, der Staat würde mir die Entscheidung abnehmen.
Wie zufrieden sind Sie mit dem Verhalten der Allgemeinheit? Na ja, als es Anfang der Woche so schön war, war in Eimsbüttel auf den Straßen nichts davon zu spüren, dass wir gerade eine Pandemie haben. Die Leute saßen in den Cafés dicht gedrängt. Mich ärgert dieser Egoismus nach dem Motto: „Ich bin nicht alt, was geht mich das an?!“