• Eine Protestlerin steht mit einer brennenden Fahne auf einem Auto in Teheran.
  • Foto: Imago / Zuma Wire

Immer mehr Proteste im Iran – erste Tote: Kippt der Zorn der Frauen das Regime?

Auf den Straßen des Irans wird weiter protestiert, immer mehr Kopftücher brennen (MOPO berichtete). Die Proteste, ausgelöst durch den Tod der 22-jährigen Mahsa Amini, sind weiter eskaliert – und es gibt erste Tote. Aus Solidarität schneiden sich Frauen zudem im ganzen Land die Haare ab. Ein „Persischer Frühling“ scheiterte einst – dieses Mal auch?

„Der Alptraum der Islamischen Republik… brennende Kopftücher, die nicht mehr auf dem Kopf der Frauen sitzen… überall, in sehr vielen iranischen Städten“, twitterte die iranisch-deutsche „Weltspiegel“-Moderatorin Natalie Amiri gestern aus ihrem Heimatland. Vor allem Twitter ist voll von Videos mit protestierenden, auf den Straßen schreienden und singenden Menschen, vorrangig Frauen. Viele von ihnen verbrennen ihr Kopftuch oder ihren Hijab.

Die landesweiten Proteste sind mittlerweile mehr als ein kurzer Aufschrei, vielmehr schlittert das erzkonservative iranische Regime in eine Krise. Neben regierungskritischen Slogans wurde immer öfter gerufen: „Wir kämpfen, wir sterben, wir werden uns den Iran zurückholen.“ Iranische Medien meldeten gestern mindestens sechs Tote bei den Protesten.

Iran: Frauen schneiden sich aus Protest die Haare ab

Doch nicht nur auf den Straßen wird gegen die strengen Kleidervorschriften, das Gewalt-Regime – ausgelöst durch den mutmaßlich gewaltvollen Tod der 22-jährigen Mahsa Amini in Polizeigewahrsam – protestiert. Solidarität zeigen viele Iranerinnen auch mit einer Schere. Seit einigen Tagen kursieren zahlreiche Videos im Netz, die Frauen zeigen, die sich die langen Haare abschneiden. Amini war von der Sittenpolizei offenbar verhaftet worden, weil ein paar Haarsträhnen aus ihrem Kopftuch hingen. Der Hashtag #MahsaAmini ist seit dem Wochenende auf Twitter und Instagram einer der am häufigsten aufgerufenen.

Die strengen Kleidervorschriften des Landes sind zwar der Anlass, doch es geht um mehr. Es wird aufbegehrt gegen eine Regierung, die Frauen – auf Grundlage der Scharia – seit Jahren stark benachteiligt und systematisch entrechtet. In den letzten Jahren überstand das Regime bereits mehrere Protestwellen, zuletzt 2009 und 2018. Vor vier Jahren galt die Wut der Bevölkerung vor allem der desaströsen wirtschaftlichen Lage. Die Hoffnungen auf einen „Persischen Frühling“ erfüllten sich vor allem nicht, weil es keine Oppositionsbewegung gab.

Führen Protest nach Tod von Mahsa Amini zu Systemsturz im Iran?

Wie gefährlich werden die aktuellen Proteste nun für die Regierung? Zwar häuften sich die Stimmen, die eine Lockerung der strengen Kleidungsvorschriften und damit einen Kurswechsel der Regierung fordern, aber: Die Vorschriften gehören laut Experten aber zu den ideologischen Prinzipien der islamischen Republik.

Unterstützer des Systems fürchten einen Dominoeffekt, sollte der Staat den Frauen bei der Wahl der Kleidung große Zugeständnisse machen.

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Ein System-Sturz von der Straße aus erscheint zudem derzeit unmöglich. Zu brutal und gut bewaffnet sind die Revolutionsgarden, um die Bewegung schnell wieder mundtot zu machen. So wie es derzeit aussieht, wird vor allem ein schweres Imageproblem für die Regierung in Teheran bleiben, denn international gilt Gewalt gegen Frauen als besonders verachtenswert.

Da macht es auch nicht besser, dass Irans Präsident Ebrahim Raisi vor seiner Abreise am Montag nach New York zur UN-Vollversammlung noch warme Worte zu Aminis Tod fand und in Richtung der Eltern betonte: „Eure Tochter war wie meine Tochter.“

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