Hamburgs Restaurants in Not: Kommt jetzt die große Pleite-Welle?
Es ist mittags, 12.30 Uhr in Hamburg: Zeit für eine Mittagspause. Und was gibt es da schöneres, als eine frisch gebackene Pizza vom Lieblingsitaliener um die Ecke zu essen? Die Restaurants sind normalerweise besonders zur Mittagszeit unter der Woche gut gefüllt. Doch jetzt zeigt sich ein ganz anderes Bild in Hamburgs Straßen: leere Tische in den Lokalen und lange Schlangen vor überfüllten Imbissen.
Die Sonne strahlt von einem wolkenlosen Himmel und lockt die Hamburger aus ihren Häusern. Die Straßen sind trotz der Warnungen vor dem Corona-Virus gut gefüllt. Doch die Restaurants bleiben leer. 4.000 Hamburger Betriebe im Gastgewerbe haben die Folgen des Coronavirus hart getroffen, so die Gewerkschaft Nahrungs-Genuss-Gaststätten (NGG).
Auch im Restaurant Wild Rice in Ottensen scheint der Betrieb nahezu still zu stehen. Drei Gäste haben sich an einen Tisch gesetzt – der restliche Raum ist leer. Und das zur Mittagszeit, einer Zeit, in der das Restaurant normalerweise den meisten Umsatz erzielt. Die Kellner empfehlen den Gästen, sich nicht zu nah nebeneinander zu setzen, doch bei der großen Platzwahl scheint die Einhaltung des Mindestabstands kein Problem zu sein.
Die Situation ist nicht mehr lange tragbar
„Ich frage mich wie es weiter gehen soll“, sagt Trung Tuyen Luu, Inhaber des Wild Rice Restaurants, besorgt. Sein Umsatz ist in den vergangenen zwei Wochen um mehr als die Hälfte gesunken. Bei so wenigen Gästen ist von Umsatz so gar keine Rede mehr – er beläuft sich auf null. „Ich kann diese Situation nicht länger als drei Monate tragen“, gesteht der 63-Jährige. Und das auch nur, wenn ihn die Bank unterstützt beziehungsweise der Vermieter ihm entgegenkommt. Er sorgt sich um die hohen Ausgaben, wie zum Beispiel die Mietkosten oder die Bezahlung seiner Mitarbeiter. Die Arbeitszeiten des Personals musste der Restaurantinhaber bereits verkürzen.
NGG fordert höheres Kurzarbeitergeld
Eine Kürzung, die für viele Betroffen die Existenz bedrohen kann. „Die meisten Kellnerinnen, Köche und Hotelfachangestellten müssen jetzt zuhause bleiben. Zwar bekommen sie Kurzarbeitergeld. Das liegt aber nur bei 60 Prozent des ohnehin oft geringen Einkommens“, sagt Silke Kettner von der NGG-Region Hamburg-Elmshorn. Deshalb ruft die Gewerkschaft den Deutschen Hotel- und Gaststättenverband dazu auf, per Tarifvertrag eine Aufstockung des Kurzarbeitergelds zu bewirken. Derzeit übernimmt die Bundesagentur rückwirkend ab März die Sozialversicherungsbeiträge für Betriebe, in denen mindestens zehn Prozent der Beschäftigten vom Arbeitsausfall betroffen sind. Außerdem sagte die Bundesregierung betroffenen Firmen großzügige Kredite zu.
Angepasste Öffnungszeiten
Auch das Spajz verkündet auf seiner Internetseite die angepassten Öffnungszeiten. Das Bistro öffnet aufgrund der Corona-Krise nur noch wochentags von 12 bis 15 Uhr für den Außerhausbetrieb. Auch bei der Besorgung einzelner Zutaten kann es zu Schwierigkeiten kommen, sodass das aktuelle Mittagsangebot jeden Tag aktualisiert wird.
Überreicht werden die Speisen an der Tür. „Wir sind besorgt und hoffen, dass es das Bistro Spajz nicht zu sehr mitnimmt“, verkündet die Besitzerin auf der Internetseite des Lokals.
Vapiano braucht Staatshilfe
Und sogar die großen Restaurantketten wie Vapiano leiden unter den ausbleibenden Gästen. Die angeordneten Lokalschließungen belasten das Unternehmen. In zahlreichen Ländern wurden bereits nahezu alle Restaurants der Kette geschlossen. Wie die MOPO bereits berichtete, seien sie auf die angekündigten finanziellen Unterstützungen der Regierungen angewiesen, um in den kommenden Wochen das notwendige Geld aufzutreiben. Das Unternehmen rechne auch schon mit angeordneten Schließungen vieler Restaurants in Deutschland. Das könne auch die vier Filialen in Hamburg schon bald betreffen.
Vergrößerter Abstand zwischen den Tischen
Das Brasserie la provence, ein französisches Restaurant in Ottensen, wappnet sich ebenfalls gegen die Corona-Epidemie. Unter dem Titel „Wir schaffen Raum“ präsentieren sie auf ihrer Facebook-Seite die vergrößerten Abstände zwischen den Tischen. Dazu heißt es: „Wir sind den Empfehlungen des ‚Robert Koch Institutes‘ gefolgt und haben ein paar Tische aus dem Saal genommen. So ist es für alle luftiger und entspannter.“