Neue Erkenntnisse zu Nord-Stream-Lecks – Russland verdächtigt USA hinter Anschlag
Die Videos der Gasblasen, die nach dem Anschlag auf die Nordstream-Pipelines aus dem Meer nahe der dänischen Insel Bornholm aufsteigen, sind gespenstisch. Schon jetzt ist klar: Die Auswirkungen auf die Umwelt sind gewaltig. Mittlerweile steht fest, dass es mindestens zwei vorsätzliche, gewaltige Explosionen unter Wasser gab. Russland weist weiter jegliche Schuld von sich.
An insgesamt vier Stellen von Nord Stream 1 und Nordstream 2 leckt es, drei davon liegen in wenigen Kilometern Abstand zueinander. Oberhalb des Wassers ist seit Tagen auf Aufnahmen der dänischen und schwedischen Behörden zu sehen, wie das Gas an der Wasseroberfläche austritt – ein sogennantes „Superemitter-Event“ wurde ausgelöst, wie ihn Europas Erdgasindustrie noch nie erlebt hat. Ein Thinktank hat die Klimawirkung des ausströmenden Methans, dem Hauptbestandteil von Erdgas, mit dem Jahresemissionen von 2,5 bis 7,5 Millionen Häusern verglichen.
Dänemark und Schweden versorgten den UN-Sicherheitsrat vor der Dringlichkeitsdebatte wegen der Lecks mit aktuellen Informationen: So seien mindestens zwei Explosionen unter Wasser geschehen. Seismologische Institute hätten eine Stärke von 2,3 und 2,1 gemessen, was „vermutlich einer Sprengladung von mehreren hundert Kilogramm“ entspreche. Und: Alle verfügbaren Informationen deuteten darauf hin, dass die Explosionen vorsätzlich herbeigeführt worden seien.
Pipeline-Lecks: Unter Wasser gab es zwei Explosionen
Russland weist weiterhin jegliche Schuld von sich, Präsident Wladimir Putin machte den Westen für die Lecks an verantwortlich: „Sie (die Angelsachsen) sind zu Sabotage übergegangen. Unglaublich, aber wahr. Indem sie Explosionen an den internationalen Gas-Leitungen Nord Stream organisiert haben (…), haben sie faktisch mit der Zerstörung der gemeinsamen europäischen Energie-Infrastruktur begonnen“, so Putin am Freitag. Mit dem Begriff „Angelsachsen“ können im Russischen die US-Amerikaner, die Briten oder beide Nationen zusammengefasst gemeint sein.
Der russische Sekretär des nationalen Sicherheitsates, Nikolai Patruschew, konkretisierte später: „Es ist aber offensichtlich, dass der Hauptnutznießer (der Pipeline-Explosionen), vor allem wirtschaftlich, die USA sind.“ Bereits zuvor hatte Putin mit Blick auf die Lecks von einem „Akt des internationalen Terrorismus“ gesprochen, aber keine möglichen Drahtzieher genannt.
Russland weist Schuld an Pipeline-Anschlag von sich
Die Nato und die EU gehen von Sabotage aus, halten sich jedoch mit direkten Schuldzuweisungen in Richtung Russland noch zurück. Mögliche Beweise zu finden, die einen Anschlag Russlands bestätigen, gestaltet sich schwierig. Wie der US-Sender CNN berichtet, hätten europäische Sicherheitsbeamte in der vergangenen Woche zwei russische Marineschiffe nahe der Lecks an den Nord-Stream-Pipelines in der Ostsee gesichtet. Auch russische U-Boote sollen in der vergangenen Woche in dem Gebiet unterwegs gewesen sein, berichtet der Sender weiter.
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Aber wie CNN auch weiter berichtet und einen dänischen Militärangehörigen zitieren, würden sich russische Schiffe häufig routinemäßig in diesen Bereichen der Ostsee bewegen. „Wir sehen sie jede Woche“, sagte er – und unterstrich, dass die bloße Präsenz der Schiffe Russland nicht automatisch für einen Sabotageakt verantwortlich mache. (alp)