Demo-Verbote während Corona: Ist Hamburg ganz besonders rigide?
Werden in Hamburg von Innenbehörde und Gerichten Demonstrationen ganz besonders rigide verboten? Ein Eindruck, der sich aufdrängt. Mehrfach wurden Demos mit Verweis auf die Corona-Verordnungen von der Innenbehörde nicht genehmigt. Gerichte bestätigten die Entscheidungen. Jetzt beantragt die Linke in der Bürgerschaft ein anderes Umgehen mit dem Grundrecht auf Versammlungsfreiheit. Dabei kann sie sich auf eine aktuelle Entscheidung des Verfassungsgericht berufen.
Am Sonnabend durfte eine kleine Mahnwache mit 60 Teilnehmern an vier Standorten vom Bündnis „Seebrücke“ für Geflüchtete abgehalten werden. Die ursprünglich geplante Menschenkette mit 450 Teilnehmern um die Alster wurde aber zuvor verboten. Trotz genauer Selbstverpflichtung der Teilnehmer zu Mundschutz und Einhaltung von Abstandsregeln. Zuvor war auch schon eine Demo für das Lampedusa-Zelt und noch früher eine Fahrrad-Demo für Flüchtlinge verboten worden.
Eine Demonstration von Juristen auf dem Rathausmarkt war am Donnerstag komplett untersagt worden. Dabei standen bei der Aktion nur eine Handvoll Menschen (30 bis 40) auf dem Rathausmarkt, sie hielten großen Abstand, der mit Klebeband extra markiert war und sie trugen Mundschutz. Das Thema bezog sich speziell auf die Corona-Allgemeinverfügungen. Das Motto war: „Abstand statt Notstand – Verwaltungsrechtler gegen die faktische Aussetzung der Versammlungsfreiheit“.
Hamburger Innenbehörde verbietet Demos wegen Corona
Die Demo war im Vorfeld von der Innenbehörde verboten worden. Diese Entscheidung hatte das Verwaltungsgericht kassiert. Als die Demonstranten bereits am Donnerstag gegen 18 Uhr vorm Rathaus standen, kassierte wiederum die nächsthöhere Instanz die Entscheidung und die Polizei räumte den Platz. Dabei wollten die Demonstranten gerade auf die besondere demokratische Bedeutung der Versammlungsfreiheit – auch und gerade in Krisenzeiten – aufmerksam machen.
Das Verwaltungsgericht hatte argumentiert, dass die Versammlung wie geplant stattfinden dürfe, da es das generelle Versammlungsverbot als unvereinbar mit den verfassungsrechtlichen Anforderungen an eine Beschränkung der Versammlungsfreiheit angesehen hatte.
Gerichte in Hamburg bestätigen Verbot in zweiter Instanz
Das Oberverwaltungsgericht kam zu einer anderen Gewichtung: Das öffentliche Interesse am Schutz des Lebens und der körperlichen Unversehrtheit sei höherrangig. Das wurde zuletzt aber vom Bundesverfassungsgericht deutlich anders bewertet.
So versammelten sich jetzt in Stuttgart und auch in Gießen rund 50 Demonstranten, um ebenfalls gegen die Einschränkung der Grundrechte in der Corona-Krise zu protestieren. Die Kundgebungen waren von den Städten zunächst verboten und dann nach einer Eil-Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts doch genehmigt worden. Die Teilnehmenden mussten einen Mindestabstand von 1,50 Meter wahren.
Bundesverfassungsgericht pro Demos während Corona
Das Bundesverfassungsgericht befand, dass ein generelles Verbot von Demonstrationen während der Corona-Verordnungen ohne Prüfung des Einzelfalls unzulässig sei.
Darauf beruft sich auch die Linke in der Hamburgischen Bürgerschaft. Die Partei geht jetzt mit einem Antrag in die Bürgerschaft, in dem sie fordert, dass mehr Demonstrationen genehmigt werden sollten. Sie beruft sich auch direkt auf die in Hamburg geltenden Corona-Verordnungen, die Ausnahmen vom Versammlungsverbot ausdrücklich zulassen, „wenn sie aus infektionschutzrechtlicher Sicht“ vertretbar sind.
Trotzdem hätten die Behörden fast alles verboten, obwohl Anmelder Schutzmaßnahmen zugesichert hatten. In dem Antrag heißt es, die Bürgerschaft „bekennt sich auch in Zeiten der weltweiten Corona-Pandemie zur Versammlungsfreiheit als herausragendes Gut des demokratischen Rechtsstaates.“