Der Balkon-Barde von Eimsbüttel : Jeden Abend spielt Juan für seine Nachbarn
Eimsbüttel –
Die Straßen in Eimsbüttel sind ziemlich leer. Um eine Ansteckung mit dem Corona-Virus zu vermeiden, bleiben die Bewohner zuhause. Auch in der Eichenstraße herrscht Ruhe – bis zum Abend. Denn ab 18.30 Uhr werden die Fenster geöffnet, Menschen treten auf den Balkon oder an die Tür. Sie warten auf den Auftritt von Juan Luis Merinere (49), dem Balkon-Barden von Eimsbüttel.
Seine Bühne ist der Balkon seiner Wohnung im dritten Stock, sein Publikum sind seine Nachbarn in der Eichenstraße. Seit dem 21. März tritt der 49-Jährige jeden Abend um 18.35 Uhr für eine halbe Stunde auf den Balkon. Ausgestattet mit einer Gitarre und einem Verstärker bringt er sechs Stücke zum Besten. Und sein Repertoire ist groß: Von Oldies aus den 60er bis 80er über deutsche Titel bis hin zu spanischem Flamenco und lateinamerikanischen Stücken.
„Ich wollte ich den Nachbarn eine Freude machen“
Merinero ist kaufmännischer Angestellter und erfahrener Hobbymusiker. Seit 30 Jahren ist er nebenberuflich auf der Bühne zu sehen und spielte bereits in diversen Gruppen. Auch im Kreativhaus Eimsbüttel ist er seit letztem Jahr als Mitorganisator tätig, wo er die Umsetzung von Projekten von Hamburgern plant. Doch aufgrund der Corona-Krise entfallen alle Veranstaltungen und dementsprechend auch seine nächsten geplanten Auftritte.
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Die gewonnene Zeit weiß er jedoch zu nutzen: „Ich habe gedacht, es sind momentan schwierige Zeiten, in denen sich keiner richtig treffen kann und deshalb wollte ich den Nachbarn mit meiner Musik eine Freude machen“, so Merinero zur MOPO.
Balkonsingen: „Der Mond ist aufgegangen“
Seine Auftritte seien sogar schon zum abendlichen Highlight geworden: „Immer mehr Menschen kommen, um mir zuzuhören und ich bekomme mehr und mehr Applaus“, berichtet der Hobbymusiker.
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Zum festen Programm gehören mittlerweile als vorletztes Stück „Halleluja“ von Leonard Cohen in der Corona-Version und zum Abschluss „Der Mond ist aufgegangen“ – und zwar alle sieben Strophen. Ein Nachbar habe ihn auf den Aufruf der evangelischen Kirche, dieses Lied abends um 19 Uhr gemeinsam zu singen, aufmerksam gemacht. Seitdem beendet er jeden Abend um 19 Uhr seinen Auftritt mit diesem Kinderlied und seine Nachbarn stimmen mit ein.
Musikalische Unterstützung der Nachbarn
Mittlerweile hat Merinero sogar Unterstützung erhalten: Ein Nachbarsjunge gibt auf seiner Trompete nach Merineros Auftritt das Stück „Der Mond ist aufgegangen“ nochmal als Zugabe. Und auch für die Corona-Version von „Halleluja“ gibt es bereits Liederzettel, sodass ihn die Nachbarn mit Gesang unterstützen können. Die Zeit zwischen seinen Auftritten nutzt der 49-Jährige um sein Repertoire zu erweitern. Für alle diejenige, die nicht das Vergnügen haben, ihn live zu hören, filmt er seine Auftritte und lädt die Videos bei Youtube hoch.