• Fußgänger, Autofahrer, Radfahrer und E-Scooter. Welche Auswirkungen hat Corona auf die Mobilität in Hamburg?
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Mobilität in Hamburg: So verändert Corona den Straßenverkehr

Corona verändert die Mobilität der Hamburger: Im April meldete der HVV einen Rückgang der Fahrgastzahlen um 70 Prozent. Gleichzeitig wird das private Auto durch die Angst vor Infektionen wieder beliebter. Nun will aber der rot-grüne Senat die City bis 2025 autofrei gestalten. Das ist die Chance, die städtische Mobilität nachhaltig zu verändern, erklärt Jashar Seyfi, Geschäftsführer des E-Scooter-Anbieters Lime, im Gespräch mit der MOPO.

Auch der deutsche Marktführer in der E-Scooter-Branche musste zu Beginn der Corona-Krise die Reißleine ziehen. „Mitte März haben wir uns dazu entschieden, mit Ausnahme von zwei Städten in Südkorea, weltweit alle Märkte dicht zu machen. Da ging es vor allem um Sicherheitsaspekte, da wir sowohl unsere Kunden als auch unsere Mitarbeiter nicht gefährden wollten“, sagt Jashar Seyfi.

Mittlerweile sind die E-Scooter in Deutschland aber wieder zurück in den Städten. „Hamburg war eine der ersten Städte, in denen wir Mitte April zurück an den Start gegangen sind. Mittlerweile sind wir in Deutschland fast überall wieder aktiv.“

Mobilität nach Corona: E-Scooter werden wieder gut angenommen

Laut dem Lime Geschäftsführer werden die E-Roller wie vor der Krise gut angenommen: „Was wir aber feststellen ist, dass die Fahrten zurzeit länger sind und sich das Nutzerverhalten verändert hat. Andere Verkehrsmittel werden zum Beispiel gerade eher gemieden. Auf einem Roller an der frischen Luft hingegen, ist die Gefahr, sich mit Corona anzustecken, eher gering.“

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Jashar Seyfi will städtische Mobilität nachhaltig verändern.

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Doch nicht nur Fahrräder und E-Scooter liegen gerade wieder im Trend. Eine Studie der Beratungsgesellschaft Capgemini, in der 11.000 Menschen befragt wurden, kommt zu dem Schluss, dass erstmals seit Jahren bei den unter 35-Jährigen das Interesse am eigenen Auto wieder gestiegen ist. 45 Prozent der Befragten, die bisher kein Auto besessen hatten, gaben an, nun darüber nachzudenken, sich in den kommenden Monaten einen eigenen Pkw anzuschaffen.

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Eine weitere Umfrage der Unternehmensberatung Boston Consulting Group (BCG) mit 5000 Teilnehmern zu ihren aktuellen Fortbewegungspräferenzen kam zu einem ähnlichen Ergebnis. Auch hier lag das Auto an erster Stelle.  

Jashar Seyfi: „Wir dürfen die Menschen nicht ans Auto verlieren“

„Aktuell stehen wir an einem Scheideweg. Nicht nur in Hamburg, sondern auch in anderen Städten. Die Frage, die sich zurzeit viele Menschen stellen, ist: Wie gestalte ich meine Mobilität neu? Viele haben Angst, sich in Busse und Bahnen zu setzen.“ Deswegen sei es laut Seyfi jetzt so wichtig, dass sowohl Anbieter von Mikromobilität als auch die Städte neue Möglichkeiten der Fortbewegung anbieten müssten. „Ansonsten verlieren wir diese Menschen an den motorisierten Individualverkehr.“

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Wahllos abgestellt und im Weg. Durch die Integration in den Stadtverkehr will Hamburgs Regierung die Probleme mit den E-Scootern lösen.

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„Wichtig wäre nun, die passende Infrastruktur zu schaffen. Sowohl für E-Scooter als auch Fahrräder und Fußgänger“, fordert der Lime-Geschäftsführer daher. Beim Hamburger Senat stößt er damit auf offene Ohren. Größte Neuerung im am Mittwoch vorgestellten rot-grünen Koalitionsvertrag: Ein neues Verkehrsressort unter dem Grünen Anjes Tjarks. Auch E-Scooter sind Bestandteil der neuen Marschrichtung.

Regierung in Hamburg: E-Scooter geordnet in den Stadtverkehr integrieren

Seit ihrem Start in Hamburg und anderen deutschen Städten im Juni 2019 wurden die E-Scooter immer wieder stark kritisiert. Der Vorwurf: Sie seien gefährlich, würden im Weg stehen, nicht nachhaltig sein und dienten eher als Ersatz für Bus und Bahn anstatt fürs Auto. Jetzt will der Senat sie stärker in die Stadt integrieren, um den Problemen entgegenzuwirken.

Im Koalitionsvertrag heißt es, dass man sich auf Bundesebene dafür einsetzen wolle, gesetzliche Grundlagen für E-Scooter-Parkplätze zu schaffen. 

Lime fordert: Nicht nur langfristig, sondern auch kurzfristig handeln

„Wir begrüßen den Koalitionsvertrag und das Ziel, E-Scooter geordnet in den Hamburger Stadtverkehr zu integrieren“, sagt Seyfi dazu. 

Berlin sei dafür das Paradebeispiel: In der Hauptstadt sei es deutlich einfacher, den Schritt weg vom Auto zu machen, da es so viele andere Möglichkeiten der Mobilität gebe. Und schnell sind die Berliner auch: Bereits am Dienstag wurde in Kreuzberg der erste E-Scooter-Parkplatz eröffnet.

E-Scooter nach Corona: Eine Branche im Wandel

Bei allen Zukunftsvisionen und Möglichkeiten, die sich durch die Corona-Krise für die Mikromobilitätsbranche eröffnen, sind aber auch die negativen Folgen nicht zu übersehen. Es scheint unwahrscheinlich, dass alle Anbieter von E-Scootern die Krise überleben werden. Lime-Chef Seyfi sieht darin aber auch eine Chance: Eine Kooperation mit den Städten oder dem ÖPNV sei natürlich einfacher, wenn es nicht zehn, sondern nur zwei oder drei Anbieter in einer Stadt gebe.

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Lime sei zumindest offen für eine engere Zusammenarbeit, so Jashar Seyfi: „Wir wollen mit unserem Angebot ein Teil der Stadt werden. Dafür müssen wir in Zukunft in einen engeren Dialog treten.“

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