• Projekt für die Corona-Zeit: Grafikdesignerin Tanja Matthies (42) baut einen Zirkuswagen aus.
  • Foto: Nina Gessner

Andrang in Hamburger Baumärkten: Und was sind eure Corona-Projekte?

Ausgestorbene Shoppingmeilen, geschlossene Geschäfte: Die Corona-Krise hat das Leben in den bunten Stadtteilen Hamburgs zum Stillstand gebracht. Für viele Bürger ist der Weg zum Supermarkt daher zur willkommenen Abwechslung von der sozialen Isolation geworden. Und noch eine Branche profitiert von dem verordneten Konsumverzicht: die Baumärkte!

Egal ob am Wochenende oder am Montag-Vormittag: Vor den Baumärkten der Stadt bilden sich aktuell rund um die Uhr lange Schlangen. Der Zutritt ist geregelt. Sicherheitspersonal sorgt dafür, dass nicht zu viele Leute gleichzeitig im Inneren der Hallen sind.

Schlange vor einem Baumarkt in Hamburg

Ansturm auf die Baumärkte: Vor einer Filiale in Hamburg warten die Menschen im Sicherheitsabstand auf Einlass.

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Patrick Sun

Schrauben, Kabel, Holz-Zuschnitte, Farben – passionierte Heimwerker bekommen beim Anblick dieser eigentlich ja eher spröden Artikel in den Regalen momentan leuchtende Augen. Denn die Teile werden jetzt zu dringend benötigten Utensilien für Liebhaber-Projekte, die dem Alltag in der einsamen Bude einen Sinn verleihen sollen.

Grafikdesignerin baut einen Zirkuswagen für ihre Familie aus

Tanja Matthies ist eigentlich Grafikdesignerin. Wegen der Corona-Krise wurde die Mutter dreier Kinder in Kurzarbeit geschickt. Für eine Kreative, die wie die 42-Jährige vor Ideen nur so sprüht, eine unangenehme Sackgasse.

Auf Ebay-Kleinanzeigen entdeckte Tanja Matthies einen alten, ausrangierten Zirkuswagen – und die Idee zu einem Projekt war geboren. Zusammen mit ihrem Mann, der ebenfalls in Kurzarbeit ist, baut Matthies nun den Zirkuswagen um. Der Wagen wurde komplett entkernt, Löcher in die Wand geschnitten, Fenster eingesetzt, die Decke verkleidet, ein Fußboden gelegt, Tapete geklebt, Betten gebaut.

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Bald ist die Küche dran. Und eine gemütliche Ecke, die als Wohnzimmer dienen soll. „Sonst kümmere ich mich um die Wohnwagen auf dem Campingplatz ,Elbeglamping‘ am Stover Strand“, erzählt Tanja Matthies. Doch der Campingplatz sei nun wegen Corona geschlossen. Der Zirkuswagen, der jetzt im Garten der Familie in einem Dorf nahe Winsen steht, soll Abwechslung ins Familienleben bringen. „Bis der Campingplatz seine ,Wohnwagentüren‘ wieder öffnet, habe ich Zeit für den Zirkuswagen, der dann unser Sommerdomizil wird“, sagt Tanja Matthies. Außerdem könnte sie sich auch vorstellen, den Wagen an Ausflügler aus Hamburg zu vermieten, sobald er einmal fertig ist.

Ein selbstgebauter Kompost-Kasten für den Balkon

Das Projekt, das Caro Rülke und ihre Mitbewohnerin Merle Rusch aus Altona sich aktuell vorgenommen haben, heißt „Wurmkiste“. Also ein Kompost für den Balkon. „Ich hatte das schon länger geplant, aber bisher keine Zeit dafür gefunden“, sagt Caro Rülke, die als Erzieherin auf Kurzarbeit gesetzt wurde. In ihrem Haus gebe es keine Bio-Tonne, die Abfälle in den Normalmüll zu entsorgen, habe ihr in der Seele weh getan.

Kompost-Kasten

Die Mitbewohnerinnen Merle Rusch und Caro Rülke (beide 25) wollen einen Kompost für den Balkon bauen.

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Deshalb sind Rülke und Rusch zum Baumarkt gefahren, um die Materialien für den Kasten zu kaufen. „Wir haben alles ausgemessen und aufgemalt. Jetzt geht es ans Sägen“, freut sich die 25-Jährige. Fehlen nur noch die Würmer, damit der Bio-Abfall auch schön zersetzt wird. „So kriegen wir Erde, die wir gut für unsere Pflanzen gebrauchen können“, sagt Caro Rülke. In kleinen Töpfen sprießen schon die zarten Keimlinge für Gurken, Kohlrabi und Sonnenblumen.

„Wir machen die Beete in unserer Wohnanlage hübsch“

Reinold (62) und Rita (62) Wedekind sind Rentner und somit beruflich nicht durch die Corona-Krise eingeschränkt. Allerdings kann das Ehepaar aus Quickborn nun auch all seinen Hobbys nicht mehr nachgehen. „Ich mache sonst ehrenamtlich Fahrten mit der Himmelmoor-Torbahn“, erzählt Reinold Wedekind. Doch das sei seit Verkündung der Maßnahmen nun ja nicht mehr möglich. Auch dass er die Enkelkinder und seine Mutter nicht besuchen kann, macht das Ehepaar traurig.

Beete

Sie machen Beete hübsch: Weil sie ihre Enkel nicht sehen dürfen, kümmern sich Reinold (62) und Rita (62) Wedekind aus Quickborn nun um die Beete rund ums Haus.

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„Wir haben deshalb begonnen, uns privat abzulenken und die Beete rund um das Mehrfamilienhaus, in dem wir die Hausmeisterdienste übernommen haben, hübsch zu machen“, sagt Reinold Wedekind. Seit Freitag sind sie dabei. Heute kommt der Rindenmulch auf die Beete. „Damit das Unkraut nicht so viel durchschießt.“

Ein neuer Weg für den Schrebergarten

Lech Wojciechowski (60) und Gudrun (60) sind Nachbarn in einem Schrebergarten in Stellingen. Sie sind gemeinsam zum Baumarkt gefahren, um Sachen für ihre Gärten zu kaufen. Erde, Holzleisten, Planen, Rindermulch. „Wir haben jetzt endlich mal Zeit, einen Weg rund um das Schreberhaus zu legen“, sagt Wojciechowski.

Schrebergarten

Sie machen ihre Schrebergärten hübsch: Lech Wojciechowski (60) und seine Nachbarin Gudrun (60) aus Stellingen.

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Ein Garten-Spielhaus für die kleine Marlene (6)

Matthias Bombik steht im Garten seines Hauses und schraubt, was das Zeug hält. Nächste Woche muss das Spielhaus, von dem bisher nur der Unterbau steht, fertig sein. Denn nächste Woche hat Marlene, Bombiks kleine Tochter, Geburtstag.

Aufmerksam guckt die Sechsjährige zu, was Papa macht. „Sie ist eine super Hilfe“, sagt Matthias Bombik stolz. Marlene hält ihrem Vater die Schrauben hin und springt nach unten, um Werkzeuge aufzuheben, wenn versehentlich etwas herunterfällt.

Matthias Bombik baut ein Spielhaus

Matthias Bombik (43) baut ein Spielhaus für seine Tochter. Die kleine Marlene (6) hilft kräftig mit.

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Bombik ist Schulbegleiter und momentan auf 100 Prozent Kurzarbeit gesetzt. „Dadurch habe ich jetzt Zeit, unser Haus zu renovieren, in das wir erst letzten Herbst eingezogen sind“, erzählt der 43-Jährige. Bombik und seine Frau, eine Grafikdesignerin, sind praktisch veranlagt. Sie machen alles selbst, die Materialien kaufen sie im Baumarkt. Diese Woche muss die Renovierung kurz mal ruhen. Denn jetzt ist erstmal Marlenes Geburtstagsgeschenk dran. „Sie freut sich schon so, dass sie dann ihr eigenes Häuschen hat“, sagt Bombik.

Alles für den Urlaub auf Balkonien

Werkstudent Sebastian Majer und sein Kumpel Jannik (beide 25) aus Eimsbüttel nutzen ihren freien Tag, um ihre Balkone zu Hause aufzuhübschen. Denn dort verbringen sie angesichts der Corona-Maßnahmen momentan viel Zeit. Im Baumarkt haben sie neue Blumen gekauft, Blumenkästen, Balkonstühle. 

Blumen für den Balkon

Sebastian Majer (r.) und sein Kumpel Jannik (beide 25) aus Eimsbüttel wollen ihre Balkone hübsch machen.

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Falls der Gang an die Elbe weiter ausbleiben sollte, hat Sebastian Majer vorgesorgt: „Ich hab‘ eine Grillzange gekauft und eine Grillhaube, damit ich auch auf dem Balkon grillen kann.“

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