Hochburg Hamburg: Von der Schnapsidee zum erfolgreichen Gin
Hamburg: „Knut Hansen“-Mitgründer Kaspar Hagedorn packt mit an und füllt die Zutaten in den Brennkessel.
Foto: Hamburg Distilling Company HDC GmbH
In diesen Fässern ruht der „Knut Hansen“-Gin vor sich hin.
Foto: Hamburg Distilling Company HDC GmbH
Der stark limitierte Domina-Whiskey der Whiskeymanufaktur Lehmitz sticht auf jeden Fall ins Auge.
Foto: Marco Lehmitz
Nach dem Abfüllen versiegeln die Mitarbeiter die Keramikflaschen mit Korken.
Foto: Hamburg Distilling Company HDC GmbH
Lokstedt –
Gin ist beliebter denn je – und mittlerweile ist es richtig schwer, bei den vielen Marken den Überblick zu behalten. Immer mehr Spirituosen kommen dabei auch aus Hamburg. Darunter: Knut Hansen, die Schnapsidee von Martin Spieker (34) und Kaspar Hagendorn (36), die zum Erfolgsprojekt wurde.
Hannes Köhm schält sorgfältig die abgezählten Zitronen, Orangen und Gurken. Dann wirft er einen Blick auf das Rezept, schaufelt getrocknetes Basilikum, Lavendel und weitere Kräuter in eine Schüssel und prüft die Anzeige der Küchenwaage. Die gemörserten Koriandersamen entfalten ihren intensiven Geruch, bevor der 44-jährige Brennmeister alle Zutaten in den Rohalkohol gibt.
Hamburger Start-Up: Von der Schnapsidee zum Erfolgs-Gin
So beginnt der Arbeitstag für Hannes Köhm in der „Knut Hansen“-Destillerie in Hamburg-Lokstedt. Zwischen Dachdecker-Betrieben, Zimmerern und Klavierbauern liegt die Gin-Brennerei eines drei Jahre alten Start-Ups. Das Büro und der Brennkessel befinden sich noch immer in dem 20 Quadratmeter großen Raum, in dem der Traum von dem eigenen Schnaps begonnen hat.
Die Gründer Martin Spieker und Kaspar Hagendorn hatten sich bei ihrem damaligen Arbeitgeber in Frankfurt geschworen: Wenn beide zurück nach Hamburg gehen würden, wollten sie gemeinsam ein kreatives Projekt auf die Beine stellen. So kam es einige Zeit später zu langen Bar-Abenden im Schanzenviertel, an denen die Gin-Liebhaber beisammen saßen, eine Menge Alkohol über den Tresen ging und aus einer Spinnerei ein konkretes Konzept wurde.
Gin-Herstellung in Hamburg: Aller Anfang ist schwer
Nachdem die Gründer Bücher über die Gin-Herstellung gewälzt und eine Destillerie in Flensburg als Geschäftspartner gefunden hatten, ging es an die Rezeptur. „Wir dachten, wir sind nach zwei Monaten fertig. Am Ende hat’s über ein Jahr gedauert“, erinnert sich Martin Spieker. Das Ergebnis: Ein Gin, bei dem man regionale Zutaten wie Apfel und Basilikum herausschmeckt, der aber trotzdem seine charakteristische Wacholdernote behält.
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Bis heute gibt es immer wieder Hindernisse zu überwinden: das Design auf die Flasche bringen, falsche Korken-Lieferungen zurücksenden und Lieferengpässe durch eine verbesserte Logistik stemmen. Typische Probleme von Neugründern, die sich an alles Neue erstmal vorsichtig heranwagen und Experten an die Seite holen müssen.
Hamburg: So wird Gin bei „Knut Hansen“ hergestellt
„Wir sind noch dabei, unsere Prozesse zu optimieren und zu standardisieren“, erklärt Kaspar Hagendorn. Doch das hat auch etwas Gutes: So kommt es beispielsweise dazu, dass die beiden Firmenchefs die Gin-Herstellung noch heute vom Schreibtisch aus beobachten können.
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In dem kupferfarbenen Brennkessel destilliert Hannes Köhm in vier Stufen das Gemisch. Die klare Flüssigkeit verdampft und wird wieder heruntergekühlt, um die verschiedenen Siedepunkte von Alkohol und Wasser zu nutzen und so die Flüssigkeiten voneinander zu trennen. Durch die kleinen runden Glasscheiben, die wie die Bullaugen eines Schiffes aussehen, lässt sich der Vorgang beobachten, bis das Destillat in einen Metallbehälter läuft.
Start-Up in Hamburg: Das ist das Erfolgsrezept
Das Erfolgsrezept von Knut Hansen? Martin Spieker und Kaspar Hagendorn setzen auf Regionalität: Sie stellen ihren Gin nicht nur in Hamburg her, sondern holen sich auch die Zutaten aus der Umgebung. Regionale Schnäpse liegen im Trend – auf „Made in Hamburg“ legen Konsumenten wert. Erfolgreiche Gin-Hersteller gibt es schon einige in der Hansestadt: Da wären der „Gin Sul“ aus Altona, der „Tonka Gin“ aus Barmbek oder die Wacholderschnäpse von „Drilling“ aus Bahrenfeld. Die Spirituosen sind weit über die Grenzen Hamburgs hinaus bekannt und beliebt.
Bei Knut Hansen springt auch das ungewöhnliche Design ins Auge, das ein gemeinsamer Freund gezeichnet hat: Die cremefarbenen Keramikflaschen ziert das Porträt des Seemanns Knut Hansen mit einem Schnauzbart und einem tätowierten Anker unter dem linken eisblauen Auge. Mittlerweile hätten sich einige das Knut Hansen-Motiv tätowieren lassen, erzählt Martin Spieker. Gut gestochen seien aber nicht alle davon.
Domina-Whiskey aus Hamburg: Auffallen um jeden Preis
Dass ein Produkt auf einem so übersättigten Markt ins Auge stechen muss, weiß auch Weinhändler Marco Lehmitz. In seiner Whisky-Manufaktur brachte er eine ungewöhnliche Spirituose heraus: Einen Hamburg Malt Whisky mit dem Namen „Domina“, der sich von der gleichnamigen fränkischen Rebsorte ableitet – optisch aber vor allem ans Rotlichmilieu erinnert: Schwarze Verpackung, der Aufdruck eines roten High Heel und eine angehängte Mini-Peitsche.
„Ich habe versucht, unsere Produkte im Weinhaus mit einem Whiskey zu verbinden. Dabei kam ein extravagantes Spiel zwischen Rebsorte und Reeperbahn heraus – das richtet sich vor allem an die Touristen in Hamburg“, erklärt er. Vielleicht ist der Domina-Whiskey mit seinem extravaganten Entwurf nicht für jeden etwas – die Flaschen sind allerdings auch stark auf 367 Stück limitiert. „Um sich auf dem Markt zu behaupten, muss man auffallen. Nichts ist schlimmer, als wenn man dort untergeht.“
Marketing-Strategie: Gin-Tasting-Events in der Destillerie
Auch bei Knut Hansen hat die Vermarktung geklappt: Die Gründer setzten auf Gin-Events, um ihr Produkt bekannter zu machen. „Heute als Start-Up einen Gin auf den Markt bringen, würde ich aber nicht mehr empfehlen. Es gibt wenige Ideen im Bereich Gin, die noch niemand hatte“, sagt Kaspar Hagendorn. Sein Kollege ist anderer Meinung. „Ich glaube, dass sich gute Ideen immer durchsetzen. Die richtige Frage, die man sich stellen muss, lautet: Was ist der nächste Hype?“
Die „Knut Hansen“-Erfinder stellen sich aber gerade andere Fragen: Sie suchen nach einer geräumigeren Bleibe und basteln an einem Rum, der als zweites Produkt auf den Markt kommen soll. „Wenn wir Bilder von vor drei Jahren sehen, merken wir, dass wir alt geworden sind“, beschreibt Kaspar Hagendorn den harten Weg zum Erfolg. Der koste viel Energie und Durchhaltevermögen – daraus machen die beiden Unternehmer kein Geheimnis.
„Knut Hansen“ in Hamburg: So geht es weiter
Im Nebenraum der Knut-Hansen-Brennerei beginnt die Abfüllung des gereiften Gins. Wie am Fließband zapfen Mitarbeiter die Spirituose ab, bis die cremefarbenen Keramikflaschen mit dem markanten Seemannsgesicht gefüllt sind. Mit Korken versiegeln sie die Flaschen, bevor sich Knut Hansen auf die große Reise nach Norwegen, Rumänien oder Südafrika begibt.