Chaos in Großbritannien: Neue Premierministerin tritt schon wieder zurück
Liz Truss ist nicht mehr Premierministerin von Großbritannien. Die 47-Jährige konservative Politikerin kündigte am Donnerstagnachmittag ihren Rücktritt an – nach gerade einmal sechs Wochen im Amt. Damit bestätigte Truss entsprechende Gerüchte, die zuvor aufgekommen waren.
„In Anbetracht der Situation bin ich nicht in der Lage, das Mandat zu erfüllen, für das ich von der Konservativen Partei gewählt wurde“, sagte Liz Truss in einem kurzen Statement. Sie habe daher König Charles III. über ihren Rücktritt als Parteivorsitzende informiert – gleichbedeutend mit ihrem Aus als Premierministerin. Erst vor 44 Tagen, am 6. September, war die 47-Jährige zur Nachfolgerin von Boris Johnson (58) bestimmt worden.
„Ich trat mein Amt in einer Zeit großer wirtschaftlicher und internationaler Instabilität an. Familien und Unternehmen waren besorgt darüber, wie sie ihre Rechnungen bezahlen sollten, Putins illegaler Krieg in der Ukraine bedroht die Sicherheit unseres gesamten Kontinents. Und unser Land wird schon zu lange durch ein geringes Wirtschaftswachstum gebremst“, erklärte Truss. Sie habe es nicht geschafft, dies zu ändern. Einen Nachfolger oder eine Nachfolgerin soll es schon in der kommenden Woche geben, sagte Truss weiter. Bis dahin bleibe sie im Amt und leite die Regierungsgeschäfte.
Zuvor hatten Gerüchte um ihren bevorstehenden Abgang Fahrt aufgenommen. Am Mittwoch hatte Truss mit dem Ausscheiden von Innenministerin Suella Braverman bereits das zweite Kabinettsmitglied innerhalb von Tagen verloren. Turbulente Szenen im Unterhaus sorgten am Mittwochabend für einen weiteren Autoritätsverlust der Regierung.
London: Liz Truss tritt zurück – Labour fordert Neuwahlen
Erst am vergangenen Freitag hatte Truss ihren Finanzminister Kwasi Kwarteng entlassen und durch den früheren Außenminister Jeremy Hunt ersetzt. Hunt machte am Montag fast alle Bestandteile ihrer erst Ende September verkündeten Steuerpolitik wieder rückgängig. Er kündigte an, die eigentlich für zwei Jahre vorgesehene Energiepreisdeckelung auf sechs Monate zu beschränken.
Unklar ist, wer Truss nachfolgen könnte. Ex-Finanzminister Rishi Sunak war im Sommer in einer Stichwahl um die Nachfolge von Ex-Premier Boris Johnson gegen Truss unterlegen. Doch er gilt als umstritten in der Fraktion. Als mögliche Alternativen gelten auch die für Parlamentsfragen zuständige Ministerin Penny Mordaunt und Verteidigungsminister Ben Wallace. Es gibt jedoch keinen klaren Favoriten.
Labour-Chef Keir Starmer untermauerte bereits am Mittwochabend seine Forderung nach Neuwahlen. „All die Versäumnisse der letzten zwölf Jahre kommen jetzt zum Vorschein“, sagte der 60-Jährige auf dem Trades Union Congress in London.
Den Konservativen gehe die „patriotische Pflicht, das britische Volk aus ihren eigenen erbärmlichen Streitereien herauszuhalten“, ab.