• „Mit einem Taxi nach Paris“ hatte Michy Reincke einen Riesenhit.
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Idee zur Corona-Rettung: Michy Reincke fordert: Spielt nachts Musik aus der Region!

Der NDR soll norddeutschen Musikern durch die Corona-Pandemie helfen. Das fordert der Hamburger Sänger Michael „Michy“ Reincke („In einem Taxi nach Paris“) und hat sich mit einem Offenen Brief an den Sender gewandt: Er fordert die Öffnung des nächtlichen Radio- und Fernsehprogramms für unabhängige Musiker aus der Region, um diese durch die Einnahmen aus den GEMA-Gebühren vor dem Corona-Aus zu bewahren.

Für Hamburgs Musikszene sieht es düster aus: Alle Konzerte bis zum 31. August wurden abgesagt. Michy Reincke fordert nun einem „Offenen Briefes an die Intendanz des Norddeutschen Rundfunks“ den NDR zu Solidarität auf – und hat auch einen ganz konkreten Vorschlag parat.

Hamburg: Michy Reincke setzt sich für lokale Musiker ein

Der gebürtige Hamburger wendet sich mit der Bitte an den NDR-Indendanten Joachim Knuth, nachts Produktionen von unabhängigen Musikschaffenden aus der Region zu senden: „Dann spielt die berühmte Quote doch ohnehin keine Rolle.“ Hinter seinem Vorschlag steckt der Gedanke, dass norddeutsche Musiker über die Beteiligung an den GEMA- und GVL-Erlösen in Zeiten der Coronakrise über die Runden kommen sollen.

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Das Ganze funktioniert so: Für jedes gespielte Lied muss jeder Rundfunk- und Fernsehsender je nach Dauer, Tageszeit und Reichweite eine kalkulierte Gebühr an die GEMA (Gesellschaft für musikalische Aufführungs- & mechanische Vervielfältigungsrechte) und an die GVL (Gesellschaft zur Verwertung von Leistungsschutzrechten) zahlen.

Sänger Michy Reincke setzt sich für Hamburger Musiker ein und stellt in einem Offenen Brief Forderungen an den NDR. 

Sänger Michy Reincke setzt sich für Hamburger Musiker ein und stellt in einem Offenen Brief Forderungen an den NDR. 

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picture alliance / dpa

Mit diesem Geld werden Musikverleger, Komponisten und Texter von der GEMA sowie Label, Interpreten und Musiker von der GVL anteilig für ihre Leistung vergütet, wenn ihre Werke gesendet werden.

Michy Reincke hofft, Interesse an regionaler Musik zu steigern

„Es würde gerade in diesen Zeiten ein wenig wirtschaftliche Sicherheit für all die regionalen und nicht an Unterhaltungskonzerne angeschlossenen Kulturschaffenden bringen – und wäre vielleicht sogar der Beginn für mehr Vielfalt im norddeutschen Radioprogramm“, erklärt der Popsänger. Darüber hinaus schlägt er vor, nachts in den dritten Fernsehprogrammen Musikvideos von regionalen Künstlern zu spielen und bittet den NDR darum, seinen Vorschlag bei der ARD zu unterbreiten.

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Reincke ist sich sicher, dass seine Idee auch von den Hörern gut aufgenommen werden würde. „Ich bin fest davon überzeugt, dass dies nicht nur eine Welle der Solidarität, sondern auch ein neu erwachtes Interesse an der reichen Kreativität in der Gemeinschaft des Nordens auslösen würde“, schreibt der 60-Jährige.

Michy Reincke unterstützt schon lange die lokale Musikszene

Der Musiker und Songschreiber ist bereits seit Mitte der Achtziger als Unterstützer der regionalen Musik-Szene aktiv. Mit seiner Band Felix de Luxe hatte er Hits wie „Nächte übers Eis“ und „Taxi nach Paris“. Er betreibt das unabhängige Musiklabel „Rintintin-Musik“ und tourt regelmäßig durch Norddeutschland, bekannt sind seine Gastspiele im „Schmidts Tivoli“. Reinckes 2020er-Tournee wurde in den September verlegt.

Der Offene Brief von Michy Reincke im Wortlaut

Sehr geehrter Herr Knuth,

ich wende mich an Sie mit einem Vorschlag und einer Bitte. Vorab erlauben Sie mir – für alle Leser, die nicht in der Materie sind – etwas auszuholen.

Für jedes gespielte Lied muss jeder Rundfunk- und Fernsehsender, je nach Dauer, Tageszeit und Reichweite, eine Gebühr an die GEMA (Gesellschaft für musikalische Aufführungs- und mechanische Vervielfältigungsrechte) und an die GVL (Gesellschaft zur Verwertung von Leistungsschutzrechten) abführen. Mit diesem Geld, das auch aus dem „Topf“ gespeist wird, den die Beitragszahler für ihre öffentlich-rechtlichen Medien entrichten, werden die Musikverleger, Komponisten und Texter (GEMA) und die Label, Interpreten und Musiker (GVL) anteilig für ihre Leistung entgolten, die durch das Senden ihrer Arbeit entsteht.

Seit 1993 ist im öffentlich-rechtlichen Rundfunk der ARD das Konzept des sogenannten „Formatierten Radios“ in Kraft. Seitdem ist eine möglichst hohe Einschalt-Quote die einzige Rechtfertigung für die Programm-Gestaltung. Dies führte zur nahezu ausschließlichen Abbildung der Produkte der Unterhaltungs-Industrie: Hitparadenmusik für die „Mainstream“-Sender, internationale Oldies für die Landesfunkhäuser. Industrie-unabhängige Musikangebote  werden mit dem Hinweis abgewiesen, diese seien nicht populär genug, die Hörer würden abschalten und dies würde die „Quote“ kaputt machen.

Die Qualität eines künstlerischen Angebots und Ausdrucks nur auf ihre kommerzielle Verwertbarkeit hin zu bemessen und nicht von einer Vielzahl redaktioneller Fachkräfte auf ihre vielfältigen künstlerischen Aspekte hin beurteilen zu lassen, ist eine fragwürdige Methode.

So kommt es jedenfalls, dass die eigenverantwortlich arbeitenden Musikschaffenden der Gemeinschaft (deren Familien, Freunde und Fans unser öffentlich-rechtliches Medien-System ja auch mitfinanzieren), weitestgehend leer ausgehen, während die Label und Musikverlage der Konzerne Universal, Sony und Warner – die in dieses System nicht einzahlen – von der beschriebenen Verteilung der GVL- und GEMA-Gelder über alle Maßen profitieren.

In diesen Zeiten, in denen meinen Kolleginnen, Kollegen und Freunden ihre Arbeitsgrundlage entzogen wurde – wir dürfen nicht auftreten, können keine Konzerte veranstalten und kein Geld verdienen – unterbreite ich Ihnen nun folgenden Vorschlag:

Wie wäre es, wenn auf den Wellen des NDR, jedes Nachtprogramm von 0 Uhr bis 5 Uhr morgens, formatfrei mit den Musikangeboten der regionalen, nicht an Unterhaltungskonzerne angeschlossenen, Kulturschaffenden gestaltet werden würde? Und zwar mit der gleichen Ausschließlichkeit, die den drei genannten Konzernen tagsüber für die Werbung ihrer Produkte zugestanden wird.

Für die Ermittlung der „heiligen Quote“ haben diese Stunden wenig Relevanz. Durch Einsätze der Musik-Produktionen im Nachtprogramm, die von den Sänger*innen, Musiker*innen, Songschreiber*innen, den kleinen selbstständigen Label und kleinen Musikverlagen Norddeutschlands auf den Weg gebracht wurden, könnten die Erlöse, die durch GEMA und GVL entstehen, aber schon eine notlindernde, vielleicht sogar grundsichernde Wirkung haben.

Die Frage wäre doch eigentlich nur, ob die Beitragszahler lieber die bisher sehr wenig respektierten und gerade unverschuldet in Not geratenen, eigenständig gestaltenden Künstler*innen Norddeutschlands unterstützen wollen, die Ausdruck der kulturellen Vielfalt unserer Gesellschaft sind, oder ob die Hörer sich auch nachts noch die Hitparadenmusik und Oldies der Unterhaltungs-Industrie wünschen, die schon den ganzen Tag über im Programm läuft.

Ich möchte Sie – bei allem Respekt – darum ersuchen, die Verhältnismäßigkeit zu überdenken, mit der in Ihren Programmen, seit sehr langer Zeit, die Qualitätsbeurteilung zu Gunsten industrieller Musik-Produkte überhöht wird und unabhängige Musikangebote (ohne eine redaktionell fachliche Prüfung) schlicht ignoriert oder in der beschriebenen Weise abgewiesen werden.

Die musikschaffenden Künstler*innen aus Schleswig-Holstein, Mecklenburg-Vorpommern, Hamburg und Niedersachsen würden es Ihnen danken. Das wäre eine Unterstützung von „Format“! Ich bin fest davon überzeugt, dass dies nicht nur eine Welle der Solidarität, sondern auch ein neuerwachtes Interesse an der reichen Kreativität in der Gemeinschaft des Nordens auslösen würde.

Meine Bitte an Sie wäre nun eine Prüfung meines Vorschlags und eine Unterbreitung desselben bei Ihren Kolleginnen und Kollegen der ARD, ob ein nächtliches „Support Your Locals“ nicht auch bundesweit eingeführt werden könnte. Für ein Gespräch stehe ich Ihnen gern zur Verfügung. Ich freue mich von Ihnen zu hören.

Mit freundlichen Grüßen,

Michy Reincke

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