Immer mehr Lkw-Verkehr: Schutzgebiet im Moor soll für Giga-Raststätte weichen
Stillhorn –
Der Hunger nach Logistikflächen ist unstillbar, und der Lkw-Verkehr durch Deutschland nimmt gigantische Ausmaße an. Irgendwo müssen die Fahrer dann auch mal rasten. Deshalb soll mitten im Moor am Hamburger Stadtrand ein gigantischer Rasthof entstehen, die Raststätte Elbmarsch. Schon wieder wird ein großes Stück Natur planiert!
Im Sommer staksen Störche über die Wiesen rund einen Kilometer südlich der Stadtgrenze. Anwohner aus Meckelfeld gehen gern entlang des idyllischen Seevedeichs spazieren. Kleingärtner haben dort ihre Parzellen. Schon jetzt ist die Belastung durch den Verkehr groß. Die nahe Autobahn überzieht das Gebiet mit einem ständigen Lärmpegel.
Aber schon bald könnten die Feuchtwiesen und Torfschichten hier planiert werden. Seltene Fledermausarten müssten wohl umgesiedelt und Gräben verlegt werden. Für 255 Lkw-Stellplätze, 311 Pkw-Stellplätze und 24 Bus-Plätze. Die gigantische Tank- und Rastanlage verschlingt 22 Hektar Grünland. Mehr als 30 Fußballfelder.
Raststätte Stillhorn in Hamburg: Sie soll geschlossen werden
Täglich donnern laut Hamburger Senat über die A1 im Bereich Harburg 130.000 Autos, davon ein Viertel Laster. Bis zum Jahr 2030 wird dort sogar mit einem Verkehrsaufkommen von 160.000 Autos gerechnet. Und die Raststätte Stillhorn ist längst zu klein. Statt einer Erweiterung soll sie geschlossen werden.
Das stößt einige Kilometer weiter südlich auf Frustration. „Wir Anwohner und auch die Natur sind hier schon genug gebeutelt“, sagt Rainer Weseloh von der Bürgerinitiative gegen die Raststätte Elbmarsch.
Gemeinde Seevetal gegen Raststätte im Kleinen Moor
Denn die Gemeinde Seevetal leidet schon unter dem Lärm von A7, A1 und Maschener Kreuz, und auf ihrem Gebiet liegt auch der größte Rangierbahnhof Europas. Weseloh: „Zudem ist das Moor ein hervorragender CO2-Speicher, eine Zerstörung widerspricht absolut den Klimaschutzzielen.“
Der Planfeststellungsbeschluss für den Bau der Raststätte ist bereits aus dem Jahr 2012, seitdem ruht das Verfahren. Neuen Auftrieb bekommt die Diskussion aktuell, weil auf Hamburger Seite für das große neue Gewerbegebiet Neuland 23 die DHL als Kunde abgesprungen ist. Politiker aus dem Landkreis Harburg fordern nun, dass die Raststätte Stillhorn stattdessen auf Hamburger Gebiet nach Neuland verlegt wird. Gaertner: „Dort ist bereits wertvoller Moorboden zerstört worden, wieso muss das weiter südlich erneut gemacht werden?“
Hamburg soll Raststätte in Neuland 23 bauen
Von der Hamburger Wirtschaftsbehörde wird das strikt abgelehnt. „Der Rastplatz kommt auf keinen Fall auf diese Fläche“, sagte Wirtschaftssenator Michael Westhagemann vor Kurzem gegenüber dem „Hamburger Abendblatt“. Ob es Alternativen gibt? Er sei im Gespräch mit seinen Amtskollegen aus Niedersachsen und Schleswig-Holstein.
Hamburger Umweltbehörde: Nicht noch ein Industriegebiet
Die Abfuhr verwundert nicht. Gewerbeflächen bringen viele Steuergelder, Raststätten vor allem Lärm und Flächenfraß. Auch die Hamburger Umweltbehörde hält nichts von einer Errichtung der Raststätte auf der fertigen Fläche in Neuland. Einen Nutzen für die Natur weist sie zurück. Sprecher Jan Dube: „Ein Verzicht auf diese Fläche zugunsten einer Autobahngastronomie würde dazu führen, dass an anderer Stelle in Hamburg in ähnlicher Größe ein Industriegebiet entstünde. Dies würde zu neuen Eingriffen in die Hamburger Natur führen.“
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Niedersachsens Verkehrsminister Bernd Althusmann (CDU) hält dagegen: „Ohne sorgfältige Prüfung möglicher Alternativstandorte auf den Gebieten Hamburgs und Schleswig-Holsteins lehne ich generell die Rastanlage Elbmarsch in Meckelfeld ab.“
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Wie und wo es nun tatsächlich weitergeht mit der Naturzerstörung, das entscheidet sich im nächsten Jahr. Ab Januar 2021 übernimmt die neue Autobahn GmbH die Zuständigkeit für die Rastanlagen im Norden. „Dann werden wir auf Basis der Daten, Fakten und Randbedingungen sämtliche Prüfungen und Betrachtungen aufnehmen, die erforderlich sind, um zeitnah zu Lösungen zu kommen“, sagt Torben Wiencke, Sprecher der Autobahn GmbH Nord.