„Cabaret“ im Hansa-Theater: Tim Fischer gibt den Conférencier
An Tim Fischer (46) ist gerade kein Vorbeikommen. Er spielt im Udo-Biopic „Lindenberg! Mach dein Ding“ sowie im Serienhit „Babylon Berlin“ mit. In Hamburg lacht er derzeit mit blutroter Zunge und Joker-Mund von etlichen Plakaten herunter, mit denen die Musical-Legende „Cabaret“ beworben wird. Das Stück feiert morgen im Hansa-Theater am Steindamm Premiere. Für den Wahl-Berliner ist das noch ein wenig gewöhnungsbedürftig, wie er der MOPO verrät.
„Neulich stehe ich an einer Bushaltestelle, es ändert sich die Display-Werbung, und plötzlich gucke ich mich selber an. Ich hab’ mich richtig erschreckt!“, meint Fischer lachend. „Dieses Bild mit dem riesigen aufgeklappten Maul wie bei einem Wal ist ja auch ein bisschen gruselig.“ Der Chansonnier und Schauspieler ist zurück in jener Stadt, in der er vor 30 Jahren seine Karriere am Schmidt-Theater begann.
Im Musical „Cabaret“, das zur Jahreswende 1929/30 spielt, gibt er nun den Conférencier – eine etwas undurchsichtige Figur. „Im Grunde ist er Everybody’s Darling. Und gleichzeitig hat er aber auch mit niemandem wirklich zu tun“, erklärt Fischer. „Er ist wie eine Schlange, die immer wieder auftaucht, überall ihre Finger mit im Spiel hat, sich aber im richtigen Moment auch wieder rauszieht.“
Der Künstler sitzt in seiner schlauchförmigen Garderobe im Hansa-Theater, die Augenbrauen hat er sich soeben mit einem Uhu-Klebestift weggeschmiert. „Das hält am besten“, weiß er. Für Fischer sind die Zwanziger des letzten Jahrhunderts ästhetisch ein Traum. „Was da an Fantasie noch los war, in Sachen Mode, aber auch in der Architektur, war fantastisch.“
Mit Hilfe des Maskenbildners Bastian Russ soll er sich in den blassen Mann mit dem Haarkringel auf der Stirn verwandeln. Seine Frisur wird ihm dafür auf die Haut gemalt, was die gespenstische Erscheinung des Conférenciers noch unterstreicht. „Anfangs waren dafür über zwei Stunden angesetzt, jetzt schaffen wir es schon in gut einer Stunde“, erzählt Russ, dessen Unterarm ein Tattoo von Liza Minnelli als Nachtclubsängerin Sally Bowles aus „Cabaret“ ziert.
Doch das war der Film. Im Theaterstück sind es die Zimmerwirtin Fräulein Schneider (gespielt von Angela Winkler) und Obstverkäufer Herr Schultz (Peter Franke), die im Mittelpunkt stehen und für berührende Momente sorgen. „Man gönnt dem alten Liebespaar das späte Glück“, findet Fischer. Für ihn selbst sei „Cabaret“ in erster Linie körperlich eine Herausforderung. Es gibt eine fast zehnminütige Entrée-Nummer, in der ordentlich die Beine geschwungen werden. „Ich erinnere mich an die ersten Tanz-Proben. Wenn unsere Choreografin Kim Duddy sagte: „Girls & Boys, step, kick, step with a touch kick“, dann guckte ich mich erst mal um und fragte mich: „Wohin soll ich kicken? Was soll ich touchen?“ Das war für meine Ohren Hochchinesisch, aber ich habe mich darauf eingelassen.“
Dass „Cabaret“ nicht nur ein buntes, berauschendes Stück ist, sondern auch Tiefgang hat, findet Fischer in diesen Zeiten wichtig. „Wir befinden uns wieder in den 20er Jahren, es gibt erneut einen politischen Rechtsdruck. Das Stück hat einen aufklärerischen, warnenden Aspekt – ohne erhobenen Zeigefinger.“
Hansa-Theater, Hamburg:16.2.-1.3. und 17.3.-26.4, Di-Sa 19.30 Uhr, So 18 Uhr, Karten 47,90-66,90 Euro, Tel. 47 11 06 44