Protest in der City!: Pfleger und Erzieher wollen mehr Anerkennung
„Das lassen wir uns nicht gefallen“, schallte es Donnerstagmorgen aus dem Ver.di-Wagen über den Jungfernstieg. Die Gewerkschaft kämpft für höhere Löhne im öffentlichen Dienst. Aus diesem Grund sind für Freitag und die kommenden Tage Warnstreiks angekündigt. Dabei geht es den Pflegerinnen und Erziehern, die bei der Auftaktkundgebung in der City demonstriert haben, nicht nur um Geld – sondern auch um Anerkennung, wie sie der MOPO erklärten.
4,8 Prozent mehr Lohn, mindestens jedoch 150 Euro mehr und das über zwölf Monate – so lauten die Forderungen der Gewerkschaft. In Hamburg betreffen die Verhandlungen, deren zweite Runde am vergangenen Wochenende gescheitert war, etwa 45 000 Menschen. Mehr als die Hälfte stammt dabei aus dem Gesundheits- und Sozialsektor, rund 18 000 von ihnen sind in Krankenhäusern beschäftigt.
Tarifverhandlungen: Pfleger und Erzieher wollen mehr Geld
In der Hansestadt betreffen die Verhandlungen etwa 45.000 Menschen. Mehr als die Hälfte stammt dabei aus dem Gesundheits- und Sozialsektor: Rund 18.000 von ihnen sind in Krankenhäusern beschäftigt, etwa 6500 bei den Elbkinder-Kitas.
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Einer von ihnen ist Marc Lienow. Er ist seit 20 Jahren Krankenpfleger in der Asklepios Klinik Nord. Das monatliche Durchschnittsgehalt in Lienows Berufsgruppe liegt in Hamburg derzeit bei 3400 Euro brutto. Für ihn würde eine Gehaltserhöhung eine Aufwertung des Pflegeberufs bedeuten. Seit Beginn der Corona-Pandemie werde in den Krankenhäusern unter extremen Bedingungen gearbeitet, erzählt der 42-Jährige der MOPO. „Anfang des Jahres sind wir alle in den systemrelevanten Berufen beklatscht worden und jetzt will sich in der Politik und bei den Arbeitgebern keiner mehr daran erinnern“, sagt Lienow.
Hamburger Pfleger: Mehr Gehalt bedeutet Wertschätzung
Das sieht auch Gitte Bohn so. Sie arbeitet schon seit 37 Jahren fürs UKE, zunächst als Krankenschwester, jetzt im Institut für Tropenmedizin. Zu Beginn der Corona-Pandemie wurde sie „zurück ans Bett rekrutiert“, erzählt sie – Bohn musste wieder im Krankenhaus schuften. „Wir freuen uns alle, dass wir unseren Job noch haben“, sagt sie. „Aber mehr Geld wäre eine Anerkennung für das, was wir leisten.“ Denn: „Das Versprechen, dass wir alle 1000 Euro bekommen sollten, war nur eine Seifenblase“, sagt sie, die wie viele Krankenpfleger (noch) keinen Bonus erhalten hat. „Das ist traurig.“
Katharina Doll macht derzeit eine Ausbildung zur Erzieherin. Nach derzeitigem Tarif-Stand wird sie nach Abschluss mit rund 2900 Euro brutto einsteigen können. „Aktuell habe ich weniger als 1000 Euro“, sagt sie. „Da ist der Druck hoch, noch einen Nebenjob machen zu müssen.“ Den Vorwurf, dass ein Streik der Erzieher zu Lasten der Familien gehen würde, kann sie nicht verstehen: „Ich sehe in meinem Alltag, dass es Kinder und Familien am stärksten belastet, wenn wir zu wenig Personal haben. Wegen der niedrigen Löhne wollen immer weniger Leute Erzieher werden“, sagt Doll.
Gewerkschaft „Verdi“: Weitere Aktionen angekündigt
Für Rettungssanitäter Ronald Müller geht es nicht nur ums Geld. Er ist aus dem Kreis Stormarn nach Hamburg gekommen, „um Druck zu machen“. Während der Corona-Pandemie waren es er und seine Kollegen, die in Schutzmontur in Wohnungen von Corona-Verdachtsfällen gingen und Kranke in Kliniken brachten. „Ich wünsche mir, von der 48-Stunden-Woche runterzukommen“, sagt er der MOPO, denn trotz seines 39-Stunden-Vertrages arbeite er seit Jahren Woche für Woche knapp zehn Stunden mehr. „Ich will einfach für die Zeit bezahlt werden, die ich arbeite“, sagt er.
Nach dem Protest am Donnerstag mit 200 Personen, die von 40 Fahrzeugen der Stadtreinigung flankiert demonstrierten, beginnen am Freitag die Warnstreiks im öffentlichen Dienst. Zuerst wollen die Beschäftigten der Stadtreinigung und der Hamburg Port Authority (HPA) die Arbeit niederlegen, kündigte Sieglinde Frieß an, die Vizelandesbezirksleiterin der Gewerkschaft. sind weitere Warnstreiks auf Recyclinghöfen geplant, am Montag folgen Kliniken, Kitas sowie Einrichtungen der Behindertenhilfe und der sozialen Dienste.
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Es gehe nicht, dass sich Beschäftigte des öffentlichen Dienstes wegen steigender Mieten und Preise das Leben in einer Stadt wie Hamburg kaum mehr leisten könnten, sagte Frieß. „Wer beim Staat und der Stadt arbeitet, der muss auch ausreichend Geld bekommen“, lautete ihre Botschaft.