Findelkind Henry: Er gehört ins Nasse, aber ist soo wasserscheu
Als Spaziergänger ihn fanden, war er nur eine winzige Handvoll Fell mit glänzenden Knopfaugen. Zum Glück brachten sie den kleinen Otter in eine Wildtierstation, wo er per Hand aufgezogen wird. Das Henry getaufte Findelbaby entwickelt sich prächtig. Der kleine Otter muss aber noch viel Mut beweisen: Bald geht es ab ins Wasser – und Henry ist doch so wasserscheu.
Im Wildtier-Artenschutzzentrum in Klein Offenseth-Sparrieshoop (Kreis Pinneberg) bekommt Christian Erdmann es täglich mit Fundtieren zu tun. Füchse, Igel, auch mal Rehkitze, Eulen und Schildkröten. Aber einen Fischotter bekommt der Fachmann nur alle paar Jahre, denn die Bestände sind in Deutschland gefährt, der Otter steht auf der Roten Liste. Mittlerweile gibt es aber sogar im Hamburger Stadtgebiet wieder eine Handvoll von ihnen, etwa an der Alster.
„Henry war völlig ausgekühlt und hätte allein in der Natur nicht überlebt“, sagt Christian Erdmann. Er lobt die Finder des kleinen Kerls. „Sie haben mich angerufen und von der Sichtung in Lauenburg berichtet, statt ihn gleich einzusammeln.“
Erst, als er am nächsten Tag immer noch hilflos und allein dasaß, haben die Spaziergänger ihn aufgelesen. „Nur so kann man sicher sein, dass man nicht ein Tier mitnimmt, das keine Hilfe braucht, weil die Mutter in der Nähe ist.“
Fischotter Henry: Wildtierstation Sparrieshoop päppelt ihn
Weil Henry erst sechs Wochen alt war und noch jede Menge Milch brauchte, durfte er jetzt lange Zeit in einer Box an Erdmanns Bett schlafen. „Ich hab meine Hand runterhängen lassen, damit er mich riecht.“ Und nachts bekam Henry regelmäßig ein Fläschchen mit spezieller Milch. Mittlerweile ist er zehn Wochen alt und frisst auch schon Fisch.
In freier Natur lebt der Otter-Nachwuchs ein ganzes Jahr bei der Mutter. Deshalb bekommt Henry jetzt in der Wildtierstation ein eigenes Gehege, extra mit einem kleinen Bachlauf und Teich. „Dann ist auch bald Schluss mit Kuscheln“, sagt Erdmann. Denn Henry soll nächstes Jahr im Mai ausgewildert werden. Bis dahin muss er Menschen gegenüber wieder scheuer werden und noch Schwimmen lernen.
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Aber das ist gar nicht so einfach. „Otterbabys sind wasserscheu, auch in der Natur“, sagt Erdmann. Henry ist bereits einmal beim Schnupperbesuch im neuen Gehege ins Wasser gefallen. „Er hat geschrien und gequietscht, als müsse er ertrinken“, so Erdmann. „Dabei kann er natürlich schwimmen.“ In der Natur würden die Ottermütter ihre Jungen am Pelz greifen und sie ins Wasser schleifen. „Und dann schwimmen sie weg und die Jungen überwinden sich und paddeln hinterher.“ Denn allein zurückbleiben wollen sie natürlich auch nicht, das wär ja noch schrecklicher als schwimmen.