Institut für Rechtsmedizin am UKE: Hamburg obduziert nicht mehr alle Corona-Toten
In der ersten Welle der Pandemie ließ Hamburg als einziges Bundesland alle Toten, bei denen das Virus nachgewiesen war, am Institut für Rechtsmedizin des UKE obduzieren – auch gegen die damaligen Bedenken des Robert-Koch-Instituts (RKI). Ziel: herausfinden, ob tatsächlich Corona den Tod verursacht hat. Von dieser aufwändigen Praxis nimmt man nun Abstand.
Weiterhin wird bei einer nachgewiesenen Corona-Infektion nach der genauen Todesursache gesucht, allerdings wird nicht mehr jeder Leichnam einer aufwändigen Obduktion unterzogen.
„Die Überprüfung der Todesursache erfolgt in einem Vierstufenkonzept“, heißt es dazu aus dem UKE. Eine wichtige Rolle spielen dabei die Hinterbliebenen, die eine Obduktion sowohl einfordern als auch verbieten können.
Hamburg lässt nicht mehr alle Corona-Toten obduzieren
Die vier Stufen der Untersuchung, gestaffelt nach Aufwand:
1. Untersuchung der Todesursache nach Aktenlage ( Krankenunterlagen, Arztbriefe, Totenschein)
2. Untersuchung des Leichnams durch eine Computertomographie
3. Entnahmen von Gewebeproben (minimal-invasive Autopsie)
4. Obduktion
UKE: Obduktion von Corona-Toten in Hamburg
Sowohl für die Entnahme von Gewebe wie auch für die Obduktion ist die Zustimmung der Angehörigen erforderlich. „Erfolgt hierzu keine Zustimmung, können die Sterbefälle anhand einer postmortalen Computertomographie überprüft werden“, so eine UKE-Sprecherin zur MOPO: „Bei Sterbefällen in Krankenhäusern werden weiterhin die Krankenunterlagen und Arztbriefe zur Überprüfung herangezogen.“
In wie vielen Fällen noch eine „große“ Obduktion erfolgt, konnte die Sprecherin nicht beantworten.
Rechtsmedizin am UKE: Zahl der Covid-19-Toten in Hamburg
Durch die nachträgliche Untersuchung der Todesursache „hinkt“ die offizielle Zahl der Corona-Toten in Hamburg hinter denen des RKI hinterher. So zählt das RKI am 10. Dezember 2020 für Hamburg insgesamt 443 Todesfälle, acht davon verstarben am Vortag. Die vom Hamburger Senat bekannt gegebene Zahl liegt bei 382 (Stand: 8. Dezember).
Covid-19: Massen-Untersuchungen mit positiven Erkenntnissen
Die Massen-Untersuchungen durch den damaligen Institutsleiter Professor Klaus Püschel in der ersten Welle der Corona-Pandemie haben Erkenntnisse gebracht, die für die Behandlung von Covid-19-Patienten von hoher Bedeutung waren.
So wies das Team um Püschel etwa eine Häufung von Thrombosen und Embolien nach, sowie charakteristische Gewebsveränderungen in der Lunge. Daraufhin ist die Behandlung von COVID-19-Patientinnen und -Patienten mit blutverdünnenden Mitteln entsprechend angepasst worden.
„Die Untersuchungen während der zweiten Welle der Corona-Pandemie werden Aufschluss darüber geben, beispielsweise wie sich die Anpassung der medikamentösen Therapie im Krankenhaus auf den Krankheitsverlauf ausgewirkt hat“, so die UKE-Sprecherin zur MOPO.