Theaterstück in Hamburg: In der Grauzone zwischen schlechtem Sex und Vergewaltigung
Eintausenddreihundertachtzig Sekunden zählt Anna. Das ist die Zeit, in der sie mit Jonas Sex hat. Oder vergewaltigt wird. In ihrem Roman „Nichts, was uns passiert“ erzählt die junge Autorin Bettina Wilpert, was diese 23 Minuten mit zwei Menschen machen.
Im Thalia in der Gaußstraße haben Regisseurin Simone Geyer und ihr Team nun einen ebenso eindrücklichen wie aktuellen Abend gestaltet. Die beiden Protagonisten der Geschichte kennen sich und waren schon mal miteinander im Bett, als sich beide auf einer Party volllaufen lassen. Was folgt, beurteilen beide völlig unterschiedlich.
Er sagt: War alles nicht so doll, aber „solche Dinge passieren eben“. Sie hingegen googelt das Wort „Vergewaltigung“ und findet, dass schon viele andere Mädchen und Frauen sehr ähnliche Erfahrungen machen mussten wie sie. Sie stellt Anzeige und sofort verselbstständigen sich an der Uni die Gerüchte. Jonas verliert schließlich seinen Job und seinen Ruf – er versteht die Welt nicht mehr.
Das Stück erforscht die Grauzone zwischen „dumm gelaufen“ und sexueller Gewalt, ohne zu skandalisieren. Rosa Thormeyer und Merlin Sandmeyer verleihen ihren Figuren kraftvolle, suchende, zweifelnde Stimmen. Die beiden Darsteller, viele gute Ideen – und der kluge Einsatz einer Handykamera – verknüpfen sich zu einer sehenswerten Inszenierung.
Thalia in der Gaußstraße: 24.2./8.3., 19 Uhr, 20 Euro, Tel. 32814444