Bafög, Prüfungen & Corona: Probleme beim Studium? Hier gibt Fegebank Antworten
Das Coronavirus hat auch das Studentenleben in Hamburg auf den Kopf gestellt. Bei vielen brechen aktuell die Minijobs weg, um ihr Studium zu finanzieren – und Vorlesungen sowie Seminare werden erstmal nur digital stattfinden. Pünktlich zum Semesterstart hat die MOPO gemeinsam mit dem neuen Social-TV-Sender ONE Hamburg Wissenschaftssenatorin Katharina Fegebank (Grüne) zum Talk geladen und unter anderem über die Bafög-Kritik an Bundesministerin Anja Karliczek (CDU) gesprochen.
MOPO: Frau Fegebank, warum dürfen Schüler in Hamburg wieder zur Schule, Studenten aber nicht in die Uni?
Katharina Fegebank: Ein Studium ist generell flexibler zu gestalten als die Abläufe an Schulen. Erstens haben wir eine sehr heterogene Studierendenschaft. Auf der anderen Seite ist das Zutrauen in Studierende, digitale Formate anzunehmen und selbstständig zu arbeiten, nochmal ein anderes, als es vielleicht bei den kleinen Schülerinnen und Schülern der Fall ist. Wir haben uns in den letzten drei Wochen intensiv damit beschäftigt, wie ein digitales Semester aussehen könnte. Klar ist, dass dies nicht zum Nachteil von Studierenden ausfallen soll.
Dazu gehört auch, dass den Studenten der Zugang zu Lernmaterial ermöglicht werden muss. Wann öffnet die Staatsbibliothek wieder?
In der Verordnung zur Lockerung der Corona-Maßnahmen haben wir auch einen Passus zu den Bibliotheken drin. Die können nun schrittweise wieder öffnen. Die Stabi ist gerade dabei, ein Konzept zu entwickeln, um das Ansteckungsrisiko für diejenigen, die sich mehrere Stunden dort aufhalten wollen, zu minimieren. Zu Anfang Mai sollte der Präsenzbetrieb wieder möglich sein.
Gilt das auch für die Labore? Das arbeiten dort ist in einigen Fachbereichen ja zwingend notwendig.
Auch da wird an Konzepten gearbeitet, genau diese Möglichkeiten vorzusehen. Das heißt, die Labore sollen Stück für Stück geöffnet werden. Immer unter Berücksichtigung der Sicherheit.
Die Vorlesungssäle bleiben aber vorerst leer. Gleichzeitig gibt es Beschwerden, dass die Uni-Server für ein digitales Lernen nicht ausgelegt, zum Teil überlastet sind. Was tun Sie dagegen?
Wir müssen erst einmal von diesen Problemen wissen. So eine Situation ist natürlich super unbefriedigend. Da müssen wir dringend ran, die Hardware aufrüsten. Wir brauchen von den jeweiligen Hochschulen aber auch ein Konzept, wie man die Situation verbessern kann. Es reicht nicht, den Unis Geld zu geben. Sie brauchen das entsprechende Personal, damit die Probleme dann auch schnell behoben werden können. Server müssen stabil sein, die digitale Lehre über Wochen gewährleistet werden.
Wie kommen die Professoren und Dozenten damit klar? Das sind, mit Verlaub, ja nicht alles digitale Pioniere.
Genauso ist es. Es sind unglaublich viele dabei, die daraus jetzt für sich eine echte Chance sehen, selbst nochmal einen Sprung zu machen und für sich zu lernen. Aber es gibt natürlich auch diejenigen die sagen: „Das ist nicht meine Welt“. Die sehen das auch nicht als ihre Aufgabe an uns, berufen sich dann auf ihr Grundrecht aus dem Grundgesetz, auf die Freiheit von Forschung und Lehre. Also dass der Zwang, jetzt aufs Digitale umzustellen, ihre Arbeit nicht beeinflussen darf. Das sind Diskussionen, die man ausfechten muss. Es gehört dazu, dass die, die so ein bisschen widerwillig sagen, digitale Lehre ist nicht ihres, dass die sich jetzt auch mal einen Ruck geben.
Zurück zu den Studenten? Gibt es die Möglichkeit, dass dieses Semester als Kann-Semester gezählt wird?
Ja. Das ist unsere Verabredung. Wir nennen es bewusst kein normales Semester. So viel wie möglich soll stattfinden und das, was stattfindet, kann abgeprüft werden. Gleichzeitig machen wir uns auf allen Ebenen dafür stark, so dass etwa bei Prüfungen keine Nachteile für Studierende entstehen.
Was heißt das denn? Gibt es Kulanzregelungen, dass Arbeiten später abgegeben werden dürfen?
Zum Beispiel. Es wird aber auch an Fehlversuchsregelungen gearbeitet, sehr individuell, weil auch die Prüfungsformen in den einzelnen Hochschulen und Fachbereichen unterschiedlich sind. Wir wissen, dass an der ein oder anderen Stelle auch der Kommunikationsfluss noch nachgesteuert werden muss. Es gibt auf jeden Fall eine Klaviatur an Maßnahmen, an die Gedacht wird. Es geht um Termine, die nach hinten geschoben werden oder Prüfungen, die gemacht werden können aber nicht gemacht werden müssen. Und dass das dann auch als reguläres Semester geltend gemacht wird. Wir haben uns im Ministerkreis darauf verständigt, dass die Tatsache, dass jetzt überhaupt was stattfindet, vorgeht vor der Tatsache, dass alles zu 100 Prozent laufen muss.
Können Prüfungen künftig auch zu Hause abgelegt werden?
In der Tat gibt es auch Überlegungen, digital Prüfungen abzunehmen. Das findet auch statt, wenn man sich digital per Video sieht. Da darf man sich natürlich nicht abmelden und nebenbei Sachen nachrecherchieren. Aber wenn man einen Blick darauf hat, dass jemand sitzt und schreibt oder an Konstruktionen arbeitet, warum sollte das nicht möglich sein? Das entwickeln wir gerade. Ich kann mir vorstellen, dass das in diesem Semester auch gemacht wird.
Wie sieht es mit der Unterstützung von jungen Familien aus? Die Kitas sind für Studenten ja aktuell nicht geöffnet.
Dazu muss man sagen, dass wir aus Hamburg heraus dieses Thema über die Ministerpräsidentenkonferenz sehr stark gemacht haben – und da ziemlich allein auf weiter Flur standen. Mich hat das selbst auch überrascht und erstaunt, aber dieses Thema war im Bund überhaupt nicht zu bewegen. Wir haben gehofft, dass wir weitreichendere Maßnahmen verkünden können. Jetzt haben wir die Regelung, dass zum einen die Alleinerziehenden ihre Kinder wieder in die Kita geben dürfen und dass man zum zweiten Gespräche mit dem jeweiligen Kita-Träger aufnimmt und eine Notsituation darstellt. Und es kann eine Notsituation sein, wenn man sich auf irgendeine Form von Prüfung vorbereiten muss in einer kleinen Wohnung mit einem kleinen Kind zu Hause.
Wichtig wäre auch eine finanzielle Unterstützung. Viele sorgen sich etwa ums Bafög.
Wir sind da völlig klar, dass wir sagen, dass dieses Semester nicht auf die Höchstförderdauer angerechnet werden kann. Und das ist etwas, was wir besprechen müssen mit der Bundesregierung, der Bundesministerin. Wir sind optimistisch, dass das gelingen wird.
Was ist mit denen, die kein Bafög bekommen, denen aber wegen Corona ihre Jobs weggebrochen sind?
Unser Ziel von den einzelnen Bundesländern war, dass das Bafög für alle geöffnet wird. Im Moment ist es so, dass nicht einmal 20 Prozent der Studierenden Bafög-berechtigt sind. Wir wissen aber, dass etwa 70 Prozent arbeiten müssen, um sich ihr Studium zu finanzieren. Und bei ganz vielen ist in diesen Wochen der Job weggebrochen. Wir finden es am logischsten, wenn man für diese Zeit der nächsten drei, vier fünf Monate das Bafög einfach für alle öffnet. Das ist sofort abgeblockt worden – mit dem Hinweis: „Wenn wir das jetzt öffnen, kriegen wir es nie wieder zu“. Dann haben wir einen weiteren Vorschlag gemacht. Ein 50-prozentiges Darlehen sowie ein 50 Prozent Zuschuss, den man nicht zurückzahlen muss. Das ist noch in der Prüfung, aber der Bund hat sich nicht sehr aufgeschlossen gezeigt.
Wer blockt das denn, die Bundesministerin Anja Karliczek?
Ja, genau. Sie sagt, sie bleibt bei ihrem Vorschlag, dem Darlehen. Wir in Hamburg waren ein bisschen schneller, haben gesagt, wir brauchen eine Art Notfallfonds. Wir haben den Weg eines zinsfreien Darlehens gewählt. Zinsfreies Darlehen deswegen, weil es wahnsinnig schnell gehen kann, jetzt Anträge zu stellen und schnell Geld ausgezahlt zu bekommen. Bei jedem anderen Weg wären die Prüfverfahren länger gewesen und wir wissen, dass die Not jetzt da ist.
Aber warum nur ein Darlehen? Das muss man ja auch zurückzahlen.
Wir wollten schnell an den Start gehen und das als erste entlastende Maßnahmen unseren Studierenden als Angebot machen. Das läuft seit Freitag, inzwischen sind bereits 60 bis 80 Anträge eingegangen. Das läuft über das Studierendenwerk und zwar aufgesetzt auf den Härtefallfonds, den es ohnehin schon gab. Wenn es Studierende gibt, die weder ein noch aus wissen, dann geht bitte zur Beratung zum Studierendenwerk. Wir haben deren Härtefallfonds um ein monatliches Darlehen von 400 Euro aufgestockt. Das läuft bis auf Weiteres.