Neustart nach der Flucht: „Im Herzen bin ich Journalistin“
Bergedorf –
Als politisch Verfolgte gibt es für Yad Abdulrazak und ihre Familie keinen Weg mehr zurück in den Irak. Die Journalistin und ihr Mann haben in Erbil für kurdische Zeitungen geschrieben und dort kritisch über den IS berichtet. Als ihr Sohn mitten am Tag aus der Schule entführt wurde und erst nach Zahlung eines hohen Lösegeldes freikam, ergriff die Familie die Flucht. Ein beschwerlicher Weg begann.
Auf dem Landweg gelangte Familie Abdulrazak über viele Wochen nach Hamburg, wo alle fünf das schreckliche Erlebte erst einmal verarbeiten mussten. Bei den Kindern ging es verhältnismäßig schnell.
Integration: Bei den Kindern ging es schnell
Nach fünf Jahren in normalen Schulen sprechen die Töchter (14 und 12) und der Sohn (20) Deutsch, als wären sie hier geboren. Die Jüngste antwortet ihren Eltern ausschließlich auf Deutsch. Der Sohn beginnt bald eine Ausbildung zum Mechatroniker bei der Deutschen Bahn.
Für die Eltern ist es schwieriger. Gerade in ihrem Beruf kommt es auf die Sprache an wie in kaum einem anderen. Yads Ehemann schreibt als freier Journalist weiter für seine Zeitung in Erbil und schickt die Texte per E-Mail.
Chickpeace: Catering-Unternehmen von geflüchteten Frauen in Hamburg
Yad hat dagegen einen Neustart unternommen. Sie ist fester Teil des preisgekrönten Projekts „Chickpeace“, eines Catering-Unternehmens von geflüchteten Frauen, die in Hamburg schon zahlreiche Firmen, Partys, Hochzeiten oder Geburtstagsfeiern mit arabischen Köstlichkeiten versorgt haben.
„Die Arbeit ist sehr wichtig für mich“, sagt die 40-Jährige. Auch wenn sie in ihrem Herzen Journalistin bleibe und davon träume, irgendwann bei einer deutschen Zeitung zu arbeiten. „Durch die Arbeit habe ich viele Menschen kennengelernt. Wir haben Spaß zusammen und ich kann meine Familie ernähren.“
Die Nachbarn waren zuerst feindselig
Nicht nur beruflich, auch menschlich war das Ankommen in Hamburg nicht einfach. Als Familie Abdulrazak eine Wohnung in Bergedorf bezog, reagierten die Nachbarn zunächst feindselig. „Es sind alte Leute. Sie waren sehr unfreundlich zu uns. Ich glaube, sie hatten Angst. Ein bisschen kann ich es verstehen. Fremde machen immer Angst. Das war bei uns in Erbil früher auch so“, sagt sie.
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Doch sie und ihre Familie hätten immer weiter freundlich gegrüßt und auch mal kleine Snacks („Mezze“) vorbeigebracht. Irgendwann sei das Eis gebrochen. „Wir haben jetzt ein gutes Verhältnis“, sagt Yad Abdulrazak glücklich.
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