Kahlschlag in Hamburg: Wird der „Wilde Wald“ doch noch gerettet?
Wilhelmsburg –
Gibt es womöglich doch noch eine kleine Chance, das Waldbiotop am Ernst-August-Kanal in Wilhelmsburg zu retten? Ein Bürgerbegehren war eigentlich wegen zu wenig Unterschriften gescheitert. Die Initiative „Waldretter“ hat Widerspruch eingelegt, weil sie an einen Fehler der zuständigen Behörde glaubt. Die Aktivisten sind wütend, zeigen sich aber auch optimistisch.
Nur wenige Tage nach dem eingelegten Widerspruch stimmte die Bezirksversammlung Mitte dem Planungsverfahren des „Spreehafenviertels“ zu: Das Biotop soll abgeholzt werden, um an der Stelle 1100 Wohnungen zu bauen. Vom Wald bliebe nicht viel übrig. Zudem wurde einer Veränderungssperre zugestimmt, die besagt, dass zwei Jahre lang jegliche Vorhaben ausgeschlossen werden, die die Planung des Wohngebiets erschweren. Somit würde verhindert werden, dass sich die Bezirksversammlung erneut mit dem Bürgerbegehren beschäftigen muss.
Hamburg: Kann der „Wilde Wald“ doch noch gerettet werden?
Wenn der „Wilde Wald“ abgeholzt wird, hätte das weitreichende Folgen. „In dem Waldstück leben seltene Tier- und Pflanzenarten“, erklärt Jürgen Baumann, Sprecher der Initiative, gegenüber der MOPO. Zwei der Pflanzen würden sogar auf der Roten Liste stehen und gelten damit als bestandsgefährdet. „Und da das Biotop zwischen der Harburger Chaussee und dem Reiherstieg-Viertel liegt, hält es eine Menge Schadstoff- und Lärmbelästigung ab.“ Das Bürgerbegehren wird auch vom Naturschutzbund unterstützt.
Seit September warten die Aktivisten auf eine Reaktion auf ihr als gescheitert erklärtes Bürgerbegehren „Der Wilde Wald bleibt!“. „Seit nunmehr drei Monaten lassen die Behörden die Initiative auf den Widerspruchsbescheid und eine Klärung des Sachverhalts warten“, heißt es in einer Mitteilung der Initiative. Sie wirft den zuständigen Ämtern Untätigkeit vor.
Bezirk Hamburg-Mitte hofft auf schnelle Entscheidung
Die Waldretter glauben, dass die Ablehnung des Bürgerbegehrens nicht rechtmäßig ist. „Die Abgeordneten hatten nicht alle in diesem Zusammenhang notwendigen Informationen, um eine unabhängige und sachgerechte Entscheidung treffen zu können“, sagt Horst Dillmann von der Initiative. Die Leitung des Bezirksamtes habe es versäumt, die Abgeordneten über das Widerspruchsverfahren in Kenntnis zu setzen.
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Dem Bezirksamt Mitte sind derweil die Hände gebunden. „Wir warten aktuell auf den Erlass des Widerspruchbescheids. Auch das Bezirksamt Hamburg-Mitte ist an einer zügigen Entscheidung über den Widerspruch interessiert, um Klarheit zu haben“, erklärt eine Sprecherin auf MOPO-Nachfrage. Das Widerspruchsverfahren bearbeite die Bezirksverwaltung der Behörde für Wissenschaft, Forschung, Gleichstellung und Bezirke.
Hamburg: Corona erschwerte das Unterschriftensammeln
Die Initiative hatte Widerspruch eingelegt, da ein falsches Quorum für das Zustandekommen festgelegt worden sei: Statt den 6237 Unterschriften seien nur 4158 Unterschriften notwendig. „Das wäre von Anfang an eine ganz andere Hausnummer gewesen“, so Horst Dillmann. „Ohne das Corona-Chaos hätten wir die 4158 Unterschriften problemlos eingesammelt.“
Auch die Corona-Maßnahmen hatten der Initiative das Unterschriftensammeln erschwert: Mit Abstand und ohne geeignete Veranstaltungen, bei denen viele Menschen zusammenkommen, sollten sie ihr Ziel erreichen. Die Frist für die Sammlung der Unterschriften sei bereits um 30 Tage verlängert worden, heißt es vom Bezirksamt Mitte. Laut Initiative trat die Verlängerung aber schon bei einer leichten Lockerung des Veranstaltungsverbots in Kraft – die Bedingungen waren also nach wie vor erschwert.
Waldretter aus Wilhelmsburg fordern Nachsammelfrist
Mittlerweile hat die Initiative eine Rechtsanwältin eingeschaltet. Die „Waldretter“ zeigen sich nun zuversichtlich, dass sie eine neue Möglichkeit bekommen, Unterschriften für ihr Bürgerbegehren zu sammeln. „Die Chancen stehen gut. Die Behörde hat schließlich massive Fehler begangen“, erklärt Baumann.
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Die Waldretter fordern ein Schlichtungsgespräch und einen Monat als Nachsammelfrist. Sollte dem zugestimmt werden und die Initiative die nötigen Unterschriften erreichen, müsste sich der Bezirk Mitte erneut mit dem Abholzen des Waldbiotops beschäftigen – die Veränderungssperre würde dann nicht gelten.