Exit-Strategie: Hamburgs Grüne präsentieren eigenen Plan – und widersprechen Experten
Das Land steht weitestgehend still. Seit drei Wochen bestimmen die Corona-Maßnahmen das Leben in der Bundesrepublik, viele warten auf Lockerungen. Jetzt preschen Hamburgs Grüne vor – mit ihrem eigenen Fahrplan für den Weg aus der Krise.
Einen Tag, bevor Kanzlerin Angela Merkel (CDU) mit den Ministerpräsidenten der Länder über entsprechende Strategien beraten wollte, präsentieren die Grünen um Katharina Fegebank ihre selbst entwickelte Exit-Strategie – und stellen sich darin zum Teil gegen die Expertise der „Leopoldina“-Forscher, die unlängst einen Maßnahmenkatalog für das Ende von Kontaktsperren & Co. vorgestellt haben.
Corona: Grüne widersprechen „Leopoldina“ beim Thema Kitas
Entscheidender Unterschied zwischen den beiden Plänen: die Maßnahmen in den Kitas. Die Experten der „Deutschen Akademie der Naturforscher Leopoldina“ schlagen vor, den Betrieb mit reduzierten Gruppengrößen von maximal fünf Kindern (5- und 6-Jährige) je Raum wieder aufzunehmen. Für kleinere Kinder soll weiter der Notbetrieb gelten – weil diese sich nicht an Distanzregeln und Schutzmaßnahmen halten würden.
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Hamburgs Grüne hingegen wollen Kitas aber auch Schulen grundsätzlich wieder öffnen. „Diese Bereiche könnten zuerst geöffnet werden, junge Menschen und Kinder sind selten von Covid-19 betroffen“, heißt es in dem Papier. Und sie treffen damit den Tenor ihrer Partei. „Kitas sollten schrittweise geöffnet werden“, so die Grünen-Vorsitzenden Baerbock und Habeck – erst für Kinder mit einem Elternteil in sogenannten systemrelevanten Berufen, dann auch für andere, vor allem an Orten mit geringen Infektionszahlen. Sowohl für Schüler als auch Kita-Kinder schlagen die beiden vor, Gruppen aufzuteilen, um sie zu verkleinern.
Corona: Hier stimmen Grüne den „Leopoldina“-Plänen zu
In anderen Bereichen stimmen die Grünen den „Leopoldina“-Experten – auf deren Meinung Angela Merkel viel Wert legt – derweil zu. „Kleinere Betriebe und Einzelhandel sollen zuerst öffnen dürfen“, heißt es in dem Papier der Grünen. Allerdings soll ein maximales Kundenaufkommen pro Quadratmeter gewährleistet werden. Darüber hinaus sollen auch kleine Kultur- und Sportveranstaltungen wieder zugelassen werden und eine Öffnung der Gastronomien „sehr vorsichtig und kontrolliert“ erfolgen.
Letztlich empfehlen die Grünen, die Kontaktbeschränkungen aufzuheben – wenn denn Schutzmaßnahmen wie Abstandhalten und das Tragen von Mund-Nasen-Schutz eingehalten werden. Wann der richtige Zeitpunkt für sei, die Exit-Pläne umzusetzen, müsse auf Basis wissenschaftlicher Erkenntnisse entschieden werden. Zum jetzigen Zeitpunkt müsse eine „noch nicht datierbare“ Lockerung der Einschränkungen des öffentlichen Lebens vorbereitet werden, heißt es in dem Papier.
Kommentar: Alleingänge bringen uns nicht weiter
Es ist schön, dass sich Hamburgs Grüne Gedanken darüber machen, wie wir aus dem Corona-Schlamassel rauskommen. Weniger schön ist es, wenn jetzt jede Regierungspartei einen eigenen Fahrplan entwickelt und damit für Verwirrung beim Bürger sorgt.
Wollten sich die Grünen, die in der Corona-Krise unter einer gewissen öffentlichen Bedeutungslosigkeit leiden, mit ihrem Vorsprechen ins Gespräch bringen? Das wäre dem Ernst der Lage nicht angemessen. Die Grünen sollten ihre Vorschläge daher lieber mit der SPD besprechen und dann im Senat eine gemeinsame Position finden – und diese in dieser Woche auch offensiv in den Verhandlungen mit Bund und Ländern vertreten. Denn was wir jetzt brauchen, sind regional und lokal angepasste Lösungen für Hamburg und den Norden.