Hier ist das ganze Jahr über Weihnachten
Von einer Musikspieldose zur großen Weihnachtswelt, von königlichen Nussknackern und köstlichen Schneebällen: Rothenburg ob der Tauber zeigt sich als Bilderbuchbühne für die romantische Weihnacht. Wenn der erste Schnee das Kopfsteinpflaster überzuckert, der Klang der Bläser über den Markt tönt und der verführerische Geruch von Flammkuchen durch die Gassen zieht, dann verwandelt sich das romantische Rothenburg ob der Tauber zu Deutschlands Weihnachtsstadt.
Glühwein vor Fachwerkidylle
Für zweieinhalb Millionen Besucher aus aller Welt ist die fränkische Kleinstadt jährlich ein Höhepunkt an der Romantischen Straße. Und erst recht im Winter – dann wird das mittelalterliche Rothenburg über dem lieblichen Taubertal zu einem Weihnachtsmärchen. 46 Türme und Stadttore bekränzen die Gassen und schmucke Fachwerkhäuschen lehnen sich aneinander, die wenigsten davon gradlinig. In der Mittelalterstadt treffen Glühwein-Stände auf eine fotogene Fachwerkidylle. An der Ratstrinkstube am Marktplatz öffnen sich die ersten Adventsfenster und in der Jakobskirche singen die Chöre. Auf dem Weihnachtsmarkt zwischen Marktplatz, Grüner Markt, Kirchplatz und dem Rathaus gibt es täglich etwas zu schauen und zu hören, und noch viel mehr zu verkosten: Bratwürste, Gegrilltes bis hin zu duftenden Backwaren. Man kann sich den eigenen Nikolaus aus Schokolade modellieren oder beim Zubereiten der Schneebälle dabei sein. Die Enchanting Carol Singers ziehen über den Markt, Choräle erklingen, Posaunen und Alphornbläser spielen auf. Der Lichterzug passiert die Gassen und bei der Eröffnung des großen Lebkuchenhauses strahlen nicht nur Kinderaugen. Der Rothenburger Reiterlesmarkt ist berühmt und gleichzeitig herrlich entspannt, ja fast familiär. Hier trifft man sich abends in seiner Stadt zum Plaudern, mit Freunden und Familie, auf einen Glühwein – und hier könnte es auch ein weißer sein!
Reichsküchenmeister im Patrizierhaus
Die Winzer der Region erwärmen ihren Silvaner-Wein mit einem Hauch Zucker und schenken ihn in dampfenden Häferln aus – unterm Christbaum am Markt oder die Gasse hinunter am Plönlein, einer der bezauberndsten Straßengabelungen für Fachwerkhäuser in Deutschland, oder gleich hier am Kirchplatz. Hier residiert der Reichsküchenmeister im ehrwürdigen Patrizierhaus aus dem 12. Jahrhundert. Die Reichsküchenmeister bekleideten das Erb-Amt über viele Generationen hinweg. Noch heute ist das Haus berühmt für seine Küche – und den weißen Glühwein, der im angrenzenden Weihnachtsgarten ausgeschenkt wird. Auf dem Schank-Tresen türmen sich die fränkischen Schneebälle, reich mit Puderzucker bestäubt – zum Anbeißen süß! In fast jedem Café findet man die traditionellen Mürbeteigkugeln, „und es gibt sie in allen Versionen, mit Marzipan, Nüssen, Vanille oder Nougat gefüllt“, erzählt Corinna Rother, die mit Ehemann Christoph den Weihnachtsgarten führt. Das Festtagsgebäck selbst zu backen, wäre eigentlich kinderleicht: „Man braucht nur Mehl, Eier, Zucker, Butter, Sahne, einen famosen Wein oder guten Zwetschgenschnaps.“ Dann gibt sie noch einen Tipp mit auf den Weg: „Richtig isst man den Schneeballen, indem man ihn in seiner Tüte lässt, dann einmal kurz mit viel Gefühl d’raufhaut und die Bröckelchen einzeln verspeist.“ Wohl bekomm‘s!
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12 Monate Weihnachtswelt
Den wärmenden Glühwein im Bauch, den Zucker noch auf den Lippen geht’s einmal quer über den Markt ins Weihnachtsmuseum. Da stehen die berühmten Nussknacker in Reih und Glied, rot-gelb oder blau angemalt, den königlichen Uniformrock golden verziert. Auch Nikolaus, Christkind und Weihnachtsmann samt historischer Vorbilder werden vorgestellt. Eine Vitrine weiter sind musikdrehorgelnde Christbaumständer zu sehen, die den Baum kreiseln lassen. Unterhalb des Museums öffnet sich die ganze Weihnachtswelt der Familie Wohlfahrt – im Mittelpunkt der fast sechs Meter hohe Baum mit 13.000 Lämpchen. Über 122.000 Lichter beleuchten die winterliche Szenerie im Weihnachtsdorf mit 45 Tannenbäumen, hunderten Schwibbögen, ungezählten Weihnachtspyramiden und Räuchermännchen in allen Größen. Es glitzert nur so vor Rauschegoldengeln… Jedes Jahr besuchen hunderttausende Menschen das Weihnachtsdorf in Rothenburg ob der Tauber, und das nicht nur im Winter! Das Familienunternehmen liegt in einer erzgebirgischen Musikspieldose begründet: 1956, auf der Flucht aus der sächsischen Heimat, war die Spieldose im Koffer des Ehepaares Wilhelm und Käthe Wohlfahrt dabei. Als zu Weihnachten 1963 Freunde aus Amerika zu Besuch bei den Wohlfahrts in Stuttgart weilten, wurde die Spieldose mit großem Staunen betrachtet, und die Nachfrage nach weihnachtlichem Kunsthandwerk aus Deutschland entstand.
Unterwegs mit dem Nachtwächter
Mit vielen Päckchen, mit Engeln, Baumschmuck und Pyramide, verlassen wir das Weihnachtsdorf. Schon ist es Abend geworden. Am Markt zu Füßen des historischen Rathauses, einem imposanten Ensemble von Gotik und Renaissance, steht eine große Tanne in Lichtern. Am Glühweinstand ist natürlich Andrang. „Zwei Flammkuchen auf die Hand!“, dazu dampft der weiße Wein in unseren Bechern. Laternenschein schwankt über den Markt: Vom Rathaus kommend eilt ein Mann mit wehendem Mantel und Laterne. Der Nachtwächter von Rothenburg! Er tritt ins Licht des Standes. „An 300 Abenden im Jahr, um die Stadt vor Feuer und allem Bösen zu beschützen“, führe sein Rundgang ihn durch die Gassen, erzählt Hans Georg Baumgartner, seit dreißig Jahren Nachtwächter von Beruf. „Ein eher ehrloser Beruf, weil man mit der Nacht im Bunde ist“, schmunzelt er und enteilt ins dunkle Pfäffleinsgässchen, die Laterne fröhlich schwenkend.
Info
Alt-Rothenburger Reiterlesmarkt: 25.11.-23.12.2022. Neu in diesem Jahr: alternativer Kulturweihnachtsmarkt im Burggarten. Winter-Führungen: mit der Handwerkerwitwe Walburga, täglich mit dem Nachtwächter, Infos: Rothenburg Tourismus Service, www.rothenburg.de
Weihnachtswelt mit Weihnachtsdorf und Deutsches Weihnachtsmuseum von Käthe Wohlfahrt: www.weihnachtsmuseum.de
Weihnachtsgarten, Weißer Glühwein, Weinstube, Restaurant und Gastzimmer, www.reichskuechenmeister.com