Kult-Kabarettist Alfons: „Es war schwer, Deutscher zu werden“
Er kommt aus Frankreich, lebt seit mehr als 30 Jahren in Deutschland und ist längst als TV-Reporter Alfons mit orangefarbener Trainingsjacke und Puschel-Mikrofon bekannt. Emmanuel Peterfalvi ist das gelebte Beispiel der Freundschaft zwischen den historisch gesehen so verfeindeten Nationen. Der Schritt, auch die deutsche Staatsbürgerschaft anzunehmen, ist dem 55-Jährigen trotzdem nicht leicht gefallen.
Ein Kühlschrank der Marke Bosch war es, an den er seine Einladung zum Deutschwerden geheftet hatte. Kabarettist Emmanuel Peterfalvi fand das lustig: „Bosch klingt wie ein französisches Schimpfwort für Deutsche (boche)”, erklärt er.
Alfons: Deutschland und Frankreich mit „großer Verantwortung“
Beinahe hätte er den Einbürgerungsantrag allerdings nie ausgefüllt, den ihm der damalige Hamburger Bürgermeister und heutige Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) geschickt hatte. Der Kühlschrank fing nach einem Kurzschluss Feuer und wurde von Feuerwehrleuten samt Scholzens Brief aus dem Fenster geworfen. Inzwischen ist Peterfalvi aber längst doppelter Staatsbürger und hat seine Erfahrung damit unter dem Titel „Noch deutscherer“ kabarettistisch verarbeitet.
Die Beziehung seiner beiden Heimatländer sei „banal“ geworden, meint er mit Blick auf den anstehenden 60. Jahrestag des deutsch-französischen Freundschaftsvertrags. „Aber vielleicht ist es das beste, was passieren konnte“, fügt er hinzu.
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„Vor 60 Jahren war es ein Riesenschritt, Freundschaft zu schließen“, sagt er. „Heute ist diese Freundschaft eine große Verantwortung, ein Geschenk, mit dem wir nicht machen können, was wir wollen“, sagt er. Die deutsch-französischen Beziehungen seien „ein Pilotprojekt der Völkerverständigung“.
„Es war schwer, die Entscheidung zu treffen, Deutscher zu werden“, sagt der 55-Jährige, dessen Großmutter das NS-Konzentrations- und Vernichtungslager Auschwitz überlebt hat. „Ich habe viel an meine Großmutter gedacht und mich gefragt, was sie gesagt hätte“, erinnert er sich. Irgendwann sei ihm klar gewesen, dass sie dies gerne gesehen hätte.
Emmanuel Peterfalvi verarbeitet Geschichte auf der Bühne
„Ich hasse nicht die Deutschen. Ich will niemanden hassen. Das einzige, was ich will, ist, dass so etwas nie wieder passiert“, so zitiert er seine Großmutter auf der Bühne.
Seit einigen Monaten lädt Peterfalvi gezielt Schulklassen ein und sucht anschließend das Gespräch mit ihnen. Dabei geht es um die Geschichte beider Länder, aber auch um die Klischees, die bis heute bestehen. „Der Deutsche ist diszipliniert, pünktlich, effizient. Der Franzose ist… normal“, so beschreibt er es auf der Bühne mit übertriebenem französischen Akzent und erntet Lacher. „Die Deutschen mögen es, wenn ich sie kitzle“, sagt er.
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Nach mehr als 30 Jahren in Deutschland hat Peterfalvi allerdings einen kritischeren Blick auf Frankreich. „Die französische Gesellschaft ist pubertär“, meint er. Es gebe weniger Sinn für die Suche nach Kompromissen und weniger Respekt für das Gemeinsame, findet Peterfalvi.
Alfons: „Frankreichs Gesellschaft ist pubertär“
Dabei gebe es aber auch immer noch Dinge in Deutschland, an die er sich nicht gewöhnen könne. „Die Ampel ist rot, es sind keine Autos zu sehen, es regnet – und man muss stehen bleiben! Das wird mich immer nerven“, sagt er lachend.
Seine Einbürgerungsurkunde hatte er schließlich aus der Hand von der Scholz erhalten. „Deutscher wird man in dem Moment, in dem man die Urkunde anfasst“, erklärt er. „Scholz gab sie mir, und – hopp – bin ich Deutscher geworden.“ (afp/mp)