Zum Weltfrauentag: Was machen wir aus dem Erbe von Hamburgs starken Frauen?
Was verbindet die Kauffrau Glückel von Hameln mit der Boxerin Susi Kentikian? Und was hat Tagesschau -Moderatorin Linda Zervakis mit Amalie Sieveking zu tun? Auf den ersten Blick: nichts. Auf den zweiten: alles. Sie sind Frauen, die die Geschichte Hamburgs prägen (oder einst prägten). „Hamburgs starke Frauen“ heißt das Buch der Autorin Tanja Breukelchen. Zum heutigen Frauentag sprach die MOPO mit ihr über kämpferische Frauen und rückwärtsgewandte Rollenbilder.
Tausende Tutorials für Schmink- und Basteltipps, Filter auf Instagram, die Mädchengesichter kindlich süß zaubern, Shows wie „Germanys next top Model“ – Hauptaufgabe von Frauen ist es, schön und begehrenswert zu sein, könnte man meinen.
Frauentag in Hamburg: Was machen wir mit dem Erbe starker Frauen?
„Du bist so ein Mädchen“, wird gefrotzelt, wenn sich jemand zimperlich gibt. „Mädchen“ als Schimpfwort – was machen wir eigentlich mit den Freiheiten und Rechten, die die „starken Frauen“ voriger Generationen erkämpft haben?
Die Frage treibt auch Tanja Breukelchen um: „Wenn ich mir das Frauenbild ansehe, das heute in den sozialen Medien verbreitet wird, diese Fokussierung auf das Äußere und den häuslichen Bereich, dann finde ich diese klassische Rollenzuschreibung schon besorgniserregend.“
30 Hamburger Frauen aus Historie und Gegenwart hat sie porträtiert. Einige sind berühmt, andere waren selbst für die Autorin überraschende Entdeckungen. So wie Glückel von Hameln, schon mal gehört? Sie übernahm nach dem Tod ihres Mann 1689 dessen Handelsunternehmen, zog zwölf Kinder groß, weitete das Geschäft mit Wolle, Seide, Gold und Juwel aus, behauptete sich sogar an der Hamburger Börse.
Frauentag: Frauen haben Hamburgs Geschichte still geprägt
Aber: Kein Geschichtsschreiber interessierte sich für die alleinerziehende Vielfachmutter unter all den Pfeffersäcken, das musste sie schon selbst erledigen: Glückel verfasste auch noch die erste Autobiografie einer Frau in Deutschland.
„Frauen haben die Geschichte der Stadt stark geprägt, aber meistens im Stillen“, sagt Tanja Breukelchen.
Hamburgs starke Frauen: Paula Karpinksi und die Jugendherberge
Wie Paula Karpinski, die nach dem Krieg Hamburger Jugendsenatorin wird, die erste Frau in einer Landesregierung. Sie hat den Bau des Volksparkstadions durchgesetzt und die Jugendherberge mit Elbblick – obwohl Bürgermeister Max Brauer auf dem Sahnegrundstück am Stintfang lieber ein schickes Hotel gebaut hätte. 2013 wurde der Platz vor der Jugendherberge nach Paula Karpinski benannt – ein Mann mit ihren Verdiensten wäre vermutlich mit einer großen Hauptstraße geehrt worden.
Hamburgs starke Frauen: Heidi Oetinger und Pippi Langstrumpf
Auch nur wenigen bekannt: Heidi Oetinger, die als Kinderbuchverlegerin „Pippi Langstrumpf“ in deutsche Kinderzimmer holte und zu einer engen Freundin Astrid Lindgrens wurde. Niemals hätte Pippi den Begriff „Mädchen“ als Beleidigung verwendet. Oder sich darum gekümmert, dass ihr Äußeres anderen gefällt.
Irgendwann, so hofft Tanja Breukelchen, wird es aber gar kein Thema mehr sein, ob ein erfolgreicher Mensch nun ein Mann oder eine Frau ist: „Am Ziel sind wir, wenn nur die Qualität entscheidet, wer Erfolg hat, nicht das Geschlecht.“
Katharina Fegebank als Erste Bürgermeisterin, das hätte ihr gefallen: „Aber nicht, weil sie eine Frau ist. Sondern, weil ich ihre Ideen für Hamburg einfach gut finde.“