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Zwischen Leichtsinn und Vorsicht: Hamburg ist gespalten – in zwei Corona-Lager

Die Abstände werden kleiner, Masken gerne mal vergessen: Während für die einen das Leben trotz Corona wieder losgeht, meiden die anderen weiterhin öffentliche Orte und bleiben zu Hause – Hamburg ist gespalten. Doch warum handeln wir so unterschiedlich? Sighard Neckel, Soziologie-Professor an der Universität Hamburg, über die Generationenfrage, soziale Schichten und einem Überdruss der Maßnahmen.   

„Viele können sich derzeit nicht ins Homeoffice zurückziehen“, sagt Neckel im MOPO-Gespräch. Gerade die Menschen, die aufgrund ihres Jobs oder durch den täglichen Arbeitsweg mit der Bahn stärker von den Corona-Maßnahmen betroffen sind, fiele es immer schwerer, sich an die Regeln zu halten, so der Professor.

Wird die Maske dagegen nur für den wöchentlichen Einkauf auf dem Markt rausgeholt, erscheinen die Regeln gar nicht so streng. Daraus folgt: „Unterschiedliche Lebenssituationen führen zu unterschiedlichen Handlungsweisen“, sagt Neckel. „Das muss man wissen und respektieren.“ Heißt: Wer die Regeln im Alltag weniger spürt, hält länger durch.

Hamburg zwischen Corona-Leichtsinn und Vorsicht

„Es ist auch eine Generationenfrage“, meint der Professor. Es gebe noch keine gesicherten Daten, nur Alltagsbeobachtungen, „aber es ist derzeit schon berechtigt zu sagen, dass in der jüngeren Generation ein gewisser Überdruss besteht.“ Das wiederum führe in Zeiten von Abstand- und Maskenpflicht zu feucht-fröhlichen Partys im Schanzenviertel. Ein Auflehnen gegen die eigentlich noch immer geltenden Regeln.

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Im Gegensatz dazu stehen die Menschen, die lieber noch kein Restaurant besuchen, eher zu Hause bleiben und im Supermarkt Slalom laufen, um die Abstände einzuhalten. Solidarität bestehe nur so lange, bis sie unbequem wird, erklärt Neckel. An diesem Punkt scheint auch Hamburg jetzt angekommen zu sein.

„Corona ist doch weg“, ein derzeit häufig gehörter Satz. „Das ist aber ein Trugschluss“, sagt Neckel. Die Infektionszahlen stagnieren seit Wochen auf niedrigem Niveau, viele wiegen sich in Sicherheit. „Diese Sicherheit ist trügerisch“, sagt er. Das Virus lauert unter der Oberfläche, bereit dann wieder auszubrechen, wenn die Corona-Maßnahmen missachtet werden. Belege gäbe es genug: Leer, Göttingen, Berlin und der Fleischfabrik-Skandal Tönnies.

Hamburg: Neue Normalität mit Maske und Abstand

„Das Coronavirus ist nicht einfach ein Naturphänomen“ sagt Neckel. „Unsere Wirtschafts- und Lebensweise holt uns jetzt immer stärker ein.“ In immer kürzeren Abständen entstehen neue Epidemien wie Sars, Ebola und jetzt die Corona-Pandemie. Unsere alltäglichen Entscheidungen seien ebenso wichtig. Der massive Ausbruch in der Fleischfabrik Tönnies konnte nur entstehen, weil die Nachfrage nach billigem Fleisch noch immer hoch ist – bedenkenswert.

Die Pandemie könne auch eine Chance sein, überlegt Neckel. Der Begriff „neue Normalität“ ist beliebt, um die derzeitige Situation unter den Pandemie-Bedingungen zu beschreiben. „Eine neue Normalität ist es dann, wenn wir eine Rückkehr zum Alltag vor Corona schaffen und dafür neue Elemente in unsere Gewohnheiten einbauen“, sagt Neckel. Neue Alltagsgewohnheiten, wie das Tragen einer Maske und die Einhaltung der Abstandsregeln.

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