„Lächerlich“: Russisches Olympia-Talent (16) nach positivem Dopingtest freigesprochen
Die WADA ist „besorgt“ und droht mit weiteren juristischen Schritten, Amerikas Dopingjäger Nummer eins kann die „eigennützige Entscheidung“ der RUSADA „unmöglich akzeptieren“ – und das IOC hüllte sich zunächst in Schweigen: Der Fall der russischen Eiskunstlauf-Prinzessin Kamila Valieva ist auf dem besten Weg, zur unendlichen Geschichte zu werden.
Nach langem Zögern nämlich hat ein Tribunal der russischen Anti-Doping-Agentur RUSADA endlich ihr Urteil im Fall der Europameisterin gefällt: Man verzichtet nach dem positiven Test vor den Olympischen Winterspielen in Peking, den die RUSADA selbst entnommen hatte, auf eine Strafe gegen die 16-Jährige. Auch fast ein Jahr nach Olympia bleibt damit die Wertung im Teamwettbewerb mit einem Sternchen versehen. Und Teile der Sportwelt sind fassungslos.
Valieva hielt dem Druck der Öffentlichkeit nicht stand
Russland mit einer beeindruckenden Valieva hatte im vergangen Februar zwar triumphiert – Medaillen wurden aber keine vergeben, weil während der Peking-Spiele eine Urinprobe Valievas, durchgeführt bei den russischen Meisterschaften Mitte Dezember 2021, das verbotene Mittel Trimetazidin enthielt.
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Die Ad-hoc-Kommission des Internationalen Sportgerichtshofes CAS gestattete Valieva in Peking dennoch die Teilnahme an der Einzelentscheidung wenige Tage darauf. Nach dem ersten Platz im Kurzprogramm brach das Ausnahmetalent unter dem Druck der Öffentlichkeit in der Kür zusammen und fiel auf Rang vier zurück. Seitdem herrscht Stillstand. In vielerlei Hinsicht.
Doping-Fall Valieva: Wird das Urteil angefochten?
Russland begann wenige Tage nach dem Erlöschen des Olympischen Feuers seinen Angriffskrieg auf die Ukraine. Die Sportnation – die wegen Doping-Verfehlungen in Peking ohne Landesnamen, Flagge und Hymne antrat – und ihre Sportler verschwanden zunächst von der internationalen Bildfläche. Und damit auch ein Stück weit der Fall Valieva.
Die WADA allerdings hielt den Druck auf die RUSADA hoch, die noch bis zum 17. Dezember 2022 gesperrt war. Weil die Russen den Fall immer weiter verschleppten, rief die Welt-Anti-Doping-Agentur den CAS an. Und sie dürfte den Gerichtshof in Lausanne angesichts der neuesten Entwicklung wohl nochmals einschalten, eine Anfechtung behielt sich die WADA in ihrer Stellungnahme jedenfalls ausdrücklich vor.
Die RUSADA konnte „keine Schuld“ erkennen
Das Tribunal der RUSADA war zuvor zu dem Schluss gekommen, dass Valieva zwar einen Verstoß gegen die Anti-Doping-Bestimmungen begangen habe, es sei aber „keine Schuld oder Fahrlässigkeit“ festgestellt worden. Zudem habe Valieva, bei der Entnahme der positiven Probe 15 Jahre alt, als „geschützte Person“ zu gelten. Die WADA fordert nun die vollständige Urteilsbegründung an, um festzustellen, ob diese mit dem Welt-Anti-Doping-Code vereinbar ist.
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Andere haben ihr Urteil schon gefällt, wie etwa Hajo Seppelt. „Lächerlich – das passiert in nicht-demokratischen, intransparenten Sportstrukturen. (…) Der russische Sport scheint nicht in der Lage zu sein, glaubwürdige unabhängige Strukturen aufzubauen. Aber das IOC will russische Sportler in Paris“, schrieb der ARD-Dopingexperte bei Twitter.
Auch für Travis Tygart, Chef der US-Agentur USADA, gibt es kein Vertun. Die WADA und der Eislauf-Weltverband ISU müssten „gegen diese Entscheidung Berufung einlegen, um die Glaubwürdigkeit des Anti-Doping-Systems und die Rechte aller Athleten zu wahren.“ Die Welt könne „diese eigennützige Entscheidung unmöglich akzeptieren. Die Gerechtigkeit verlangt eine vollständige, faire und öffentliche Anhörung außerhalb Russlands“, so Tygart weiter.
Das Internationale Olympische Komitee ließ eine Anfrage vom Freitagabend zunächst unbeantwortet. (sid/nswz)