„Dreigroschenoper“ am St. Pauli-Theater: Klassiker neu herausgeputzt
Nicht totzukriegen, diese „Dreigroschenoper“. Mit lautstarken Bravos und stürmischem Applaus feierte das Publikum am Samstagabend eine frische Version des Bestsellers von Bertolt Brecht und Kurt Weill über den Konkurrenzkampf zweier Unterweltgrößen. Dem Regie-Team aus Peter Jordan und Leonhard Koppelmann gelingt ein witziger Wurf – dank einer Reihe wundervoller DarstellerInnen.
Michael Rotschopf ist die Idealbesetzung eines coolen, heutigen Mackie Messer: Gangsterboss und Womanizer zugleich, zeigt er sogar noch kurz vor dem Galgen Nervenstärke – und eine charismatische Bühnenpräsenz! Seinen Gegenspieler Peachum, den durchtriebenen König der Bettler, verkörpert Gustav Peter Wöhler mit der ihm eigenen Komik souverän.
Inszenierung führt „Dreigroschenoper“ ins 21. Jahrhundert
Gemeinsam mit Anne Weber als abgebrühter Gauner-Gattin geben die beiden ein wunderbar ungleiches Paar ab: Sensationell ist Webers Interpretation des boshaften Barbara-Songs über ihren Mann, während er staunend daneben steht. Dem korrupten Polizeichef verleiht Stephan Schad ein heimtückisches Gesicht und seine unter die Haut gehende Stimme.
Als dessen Tochter und charmante Hure sowie Mackies abgelegte Geliebte strahlt Victoria Fleer. All diese großartigen SchauspielerInnen hätte man gern häufiger in Gänze auf der Bühne gesehen – doch das wusste eine völlig überdrehte Truppe aus singenden TänzerInnen immer wieder zu verhindern, indem sie mit überflüssigen Requisiten hektisch vor deren Nasen wedelt.
Das könnte Sie auch interessieren: Kult-Kabarettist Alfons: „Es war schwer, Deutscher zu werden“
Aus dem Orchestergraben (!) des St. Pauli-Theaters swingen sieben Musiker vom Theater Orchester Hamburg unter der Leitung von Uwe Granitza und sorgen für die jeweils perfekt passende Atmosphäre zwischen Ballade, Jazz und Opernparodie.
Flackernde Projektionen auf der Rückwand erinnern an die zu Ende gehende Stummfilmzeit, in der „Die Dreigroschenoper“ 1928 in Berlin uraufgeführt wurde. Ansonsten passt nur noch eine Drehorgel in jene Ära – Tempo und Sound der Inszenierung sind im 21. Jahrhundert angekommen.
St. Pauli-Theater: bis 26.2., Di-Sa 19.30 Uhr, So 18 Uhr, 19,90-74,90 Euro, Tel. 47 11 06 66