„Ich habe einen großen Vorteil“: Jansen spürt Rückenwind nach Mitglieder-Votum
Marcell Jansen bleibt HSV-Präsident. Was durch zwei Abwahlanträge auf der Mitgliederversammlung am Samstag infrage gestellt wurde, wurde schließlich mit einer Mehrheit von 73,43 Prozent aller Stimmen bestätigt. Der Auftrag ist klar: Jansen soll den e.V. weiter anführen – und wird künftig unter noch schärferer Beobachtung stehen. Und so gab es in Saal 1 des CCH die Gelbe Karte statt den großen Knall.
Es war noch etwas leerer, als im Vorfeld gemutmaßt wurde. 636 stimmberechtigte Mitglieder waren es nur, die über die Zukunft des Ex-Profis als HSV-Präsident entschieden. Die Abwahlanträge von Till Hischemöller und Ulrich Becker wurden zusammengeführt, sodass nur eine Abstimmung nötig war. 476 Mitglieder stimmten gegen den Antrag, 169 (26,57 Prozent) für eine Demission Jansens. Der hatte im Vorfeld erklärt, bereits bei einer einfachen Mehrheit gegen seine Person sein Amt zur Verfügung zu stellen.
Es kam anders. Dass es um 16.48 Uhr, als Versammlungsleiter Kai Esselsgroth das Ergebnis verlas, zu vereinzelten Jubelchören kam, war nicht zu warten. „Es hat mich schon berührt, wenn Menschen aufstehen und das würdigen, was man macht“, gab Jansen zu. Es dürfte wie Balsam auf die Seele gewirkt haben, vorher ging es inhaltlich ordentlich zur Sache. „Es war sehr intensiv“, sagte Jansen nach der Versammlung. „Aber auch sehr inhaltlich.“ Kritik hatte „Cello“, wie er im Verein gerufen wird, von allen Seiten bekommen – auch von seinen Fürsprechern. Vor allem aber von denen, die die Notwendigkeit für eine Neubesetzung sahen.
Jansen wird Umgang mit Ex-HSV-Vorstand Wüstefeld vorgeworfen
Sein Zögern im Umgang mit Ex-Vorstand Thomas Wüstefeld, sein gestörtes Verhältnis zu Vorstand Jonas Boldt, generell seine Rolle als Aufsichtsratsvorsitzender und seine privaten Geschäfte – alles Anlass für teils heftige Kritik. Auch innerhalb der Mitgliedschaft ging es hitzig zur Sache, Hischemöller wurde für seinen Antrag und seine Rede heftig von Franck Ockens kritisiert. Der ehemalige Linksverteidiger blieb derweil betont gelassen und erklärte im Anschluss: „Ich habe einen großen Vorteil als ehemaliger Leistungssportler: Selbstreflexion und Selbstkritik gehören immer dazu. Natürlich sind auch Themen passiert, die man hätte besser lösen müssen.“
Jansen gab sich geläutert, will sich die Kritikpunkte zu Herzen nehmen. Schon im Vorfeld aber war zu vernehmen, dass sich Jansen in den „großen“ Themen selbst nicht allzu viel vorwirft. So war er es, der von Wüstefeld weitere Nachweise über seine Doktorgrade einforderte, Originale sehen wollte. Das betonte Vizepräsident Michael Papenfuß in seiner Rede. Dem kam Wüstefeld, gegen den die Hamburger Staatsanwaltschaft nicht mehr wegen Betrugs und Untreue ermittelt, mit seinem Rücktritt zuvor. Ein Punktgewinn für Jansen waren auch die Verlängerungen von Boldt (2025) und Tim Walter (2024). Befürwortende Reden aus dem e.V. verdeutlichten letztlich am Samstag, dass sich der Wind im CCH drehte, Jansen nun mehr Rücken- als Gegenwind bekam.
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Trotz der Bestätigung im Amt bleiben Baustellen. Das Verhältnis zu Boldt, der den Präsidenten in seinem Bericht nicht erwähnte, etwa. Jansen selbst sprach zwar von einem „guten und respektvollen Miteinander“ und meinte, dass Reibungen inhaltlicher Natur gewünscht seien, wird aber wissen, dass diese Worte das Verhältnis arg schönten. Seine Amtszeit läuft bis 2025. Zwei Jahre bleiben also, um die Mitglieder zu überzeugen. Weitere Fehltritte sollte sich Jansen nicht leisten.