Mann auf dunkler Bühne mit aufgerissenem Mund, im Hintergrund Zeichnungen nackter Menschen
  • Im Thalia: herausragendes Schauspieler:innentheater eines fantastischen Ensembles
  • Foto: Armin Smailovic

Revoluzzer in Rage: „Die Besessenen“ eröffnet Hamburger Theaterfestival

Reden, reden, reden – aber nichts sagen. So beginnt „Die Besessenen“ am Thalia-Theater. Alle Figuren sind auf der Bühne und brainstormen vor sich, den anderen und uns hin, was sich in ihrer Gesellschaft, dem Russland im 19. Jahrhundert, ändern sollte. Nein: muss! Armee abschaffen, die Flotte auch. Weltfrieden! Priester und Familie? Weg damit! Sie spielen das kleine Einmaleins der Möchtegern-Revoluzzer durch. „Macht kaputt, was euch kaputt macht“ ist der kleinste gemeinsame Nenner.

Erst langsam schälen sich in der Inszenierung von Regisseurin Jette Steckel, die jetzt das „Lessingtage“-Festival eröffnete, die unterschiedlichen Ansichten, Einstellungen, Lebensentwürfe und Marotten der einzelnen Personen heraus. Das Stück des französischen Literaturnobelpreisträgers Albert Camus ist eine Adaption von Fjodors Dostojewskis Roman „Die Dämonen“, beides Mammutwerke.

„Lessingtage“ bis 12. Februar in Hamburg

Steckel reduziert den Stoff auf zweieinhalb inhaltlich sehr konzentrierte Stunden. Vor allem ist es herausragendes Schauspieler:innentheater eines fantastischen Ensembles. Barbara Nüsse darf als alter Lehrer Werschowenski die Fahne der Kunst und Schönheit hochhalten und setzt die emotionalen Schlussakzente.

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Jirka Zett spielt den enigmatischen, schuldbehafteten Stawrogin, Felix Knopp und Sebastian Zimmler stehen sich als Schatow und junger Werschowenski weltanschaulich entgegen, sorgen gleichzeitig auch für Livemusik und Wumms zum Ende hin.

Nihilismus, Gottessehnsucht und -verdammnis, Mord und Terrorismus, Freiheit und Gerechtigkeit, verschmähte Liebe sowie ausführliche Argumentationen für und wider den Selbstmord: Dies ist kein Stück, das man mal so zur heiteren Zerstreuung wegatmet. Aber es lohnt sich.

Thalia-Theater: 29.1., 20.2., 5.3., diverse Uhrzeiten, 8-41 Euro
Theaterfestival „Lessingtage“: bis zum 12.2., diverse Orte, komplettes Programm unter thalia-theater.de

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