Schlachthof bei Hamburg: Noch mehr Corona-Fälle! Kreis deutlich über Obergrenze
Kellinghusen –
Trotz Produktionsstillstand und Quarantäne: Die Zahl der an Covid-19 erkrankten Schlachthofmitarbeiter aus Kellinghusen steigt weiter. Damit bleiben die Zahlen im Kreis Steinburg weiter über der von der Politik definierten Obergrenze. Die Forderung nach einer Reformierung der Fleischindustrie wird durch die Corona-Pandemie noch einmal angefacht.
Grund hierfür sind die vielen Corona-Fälle von Mitarbeitern eines Schlachthofes in der Gemeinschaftsunterkunft in Kellinghusen. Zuletzt hatten die Kreisverwaltungen Segeberg und Steinburg insgesamt 109 positiv getestete Mitarbeiter gemeldet. Jetzt seien neun weitere Fälle hinzugekommen. Bei zweien handelt es sich um Kontaktpersonen bereits bestätigter Covid-19-Fälle, teilte der Kreis Segeberg am Sonntag mit.
Corona: Kreis Steinburg mit 166 Fällen
Aufgrund des drastischen Corona-Ausbruchs bleibt der Kreis Steinburg weiterhin über der von der Politik festgelegten Obergrenze von 50 Neuinfektionen pro 100.000 Einwohner und Woche. Nach Angaben des Robert Koch-Instituts (RKI) gab es Stand Sonntag (0 Uhr) im Kreis 166 Fälle. Umgerechnet auf die vergangenen sieben Tage seien dies 62,4 Fälle pro 100.000 Einwohner.
Die Landesregierung in Kiel hatte wegen der vielen Covid-19-Fälle bereits am Freitagabend verfügt, dass nun die Belegschaften aller großen Schlachthöfe im Land getestet werden müssen. Sollten Beschäftigte in Werkswohnungen oder ähnlichen privaten Gemeinschaftsunterkünften leben und dort weitere nicht im Schlachthof angestellte Personen wohnen, seien diese ebenfalls zu testen, teilte das Gesundheitsministerium mit. Zudem seien weitergehende Tests für Erntehelfer in Vorbereitung. Laut Landwirtschaftsministerium gibt es in Schleswig-Holstein derzeit etwa 50 Schlachtbetriebe.
Gewerkschaft fordert ein Ende des Preisdrucks in der Fleischproduktion
Gewerkschaften kritisierten unterdessen langjährige Missstände auf Schlachthöfen und verlangten ein Ende des hohen Preisdrucks in der Fleischproduktion. „In Schlachthöfen muss deutlich mehr unternommen werden, um die Risiken für Sicherheit und Gesundheit der Beschäftigten zu reduzieren“, sagte DGB-Vorstandsmitglied Anja Piel. Die Branche falle seit Jahren mit miserablen Arbeitsbedingungen auf. NGG-Vize Freddy Adjan sagte: „Diese Krise macht deutlich, wie überfällig es ist, auf Stopp zu drücken und den ruinösen Preiskampf beim Fleisch zu beenden.“
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Auch Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) ermahnte die Länder, Schutzvorgaben wegen der Corona-Epidemie besonders auch in Sammelunterkünften und bei Fahrten streng zu kontrollieren. In einem Schreiben an die Arbeitsminister der Länder verwies er auf zunehmende Berichte über „unhaltbare Zustände beim betrieblichen Infektionsschutz“. Demnach haben sich schon Herkunftsländer von Beschäftigten bei der Bundesregierung gemeldet. Sie behielten sich auch Maßnahmen wie Ausreisestopps vor.
„Katastrophale Zustände verstärken Coronagefahren“
„Die Arbeits- und Wohnbedingungen, die große Fleischkonzerne diktieren, sind schon lange ausbeuterisch und müssen endlich mit staatlicher Gewalt konsequent unterbunden werden“, twitterte Schleswig-Holsteins SPD-Fraktionschef Ralf Stegner. Er warnte: „Katastrophale Zustände in großen Schlachthöfen verstärken Coronagefahren.“ (sr/dpa)