Innenministerin und Hessen-Wahlkampf? Debatte um Faeser – Union fordert Rücktritt
Ist der Hessen-Wahlkampf mit den Aufgaben einer Bundesinnenministerin in Krisenzeiten vereinbar? Nancy Faeser will diesen Spagat allem Anschein nach wagen. Das ruft Kritiker auf den Plan, wenige Tage vor der Entscheidung über die SPD-Spitzenkandidatur nimmt die Debatte über eine mögliche Doppelrolle Fahrt auf. Die Union forderte die Spitzenpolitikerin bereits zum Rücktritt auf.
Die SPD-Politikerin selbst hat auf die Frage, ob sie bei der Landtagswahl im Herbst dieses Jahres antreten wird, in den vergangenen Monaten zwar eine klare Antwort vermieden. In Koalitionskreisen geht man dennoch schon etwas länger davon aus, dass sie in ihrem Heimatbundesland kandidieren – und zumindest während des Wahlkampfes erst einmal auch Bundesinnenministerin bleiben wird.
Nancy Faeser wird wohl in Hessen kandidieren
An diesem Freitag soll sich Faeser, die auch hessische SPD-Vorsitzende ist, in Friedewald beim Hessen-Gipfel der SPD zu ihren Plänen erklären – auch zu einer möglichen Spitzenkandidatur bei der Landtagswahl am 8. Oktober. Vor allem bei Politikern der Parteien, die sich in Hessen ebenfalls Chancen auf die Staatskanzlei ausrechnen, kommt eine mögliche Doppelrolle nicht gut an. Nachdem die „Süddeutsche Zeitung“ berichtet hatte, Faeser habe sich mit Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) darauf verständigt, dass sie im Fall einer SPD-Spitzenkandidatur in Hessen erst einmal Bundesinnenministerin bleiben werde, hagelt es Kritik.
„In diesen herausfordernden Zeiten, wo in Europa Krieg herrscht, wo die Sicherheitsbehörden mit Reichsbürgern, Rechtsextremisten und vereitelten Terroranschlägen alle Hände voll zu tun haben, wäre es unverantwortlich, neben einem Wahlkampf auch das Innenministerium führen zu wollen“, sagte der innenpolitische Sprecher der Unionsfraktion, Alexander Throm (CDU), am Dienstag. Und: „Deshalb fordere ich sie, wenn sie Spitzenkandidatin wird, zum Rücktritt auf.“
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Der Obmann der Grünen im Innenausschuss des Bundestages, Marcel Emmerich, sagt, aus seiner Sicht sei es „fast nicht zu schaffen, diese beiden Aufgaben parallel auszuüben“. Zwar wäre Faeser nicht die erste Politikerin, die aus einem Bundesministerium in den Landtagswahlkampf startet, allerdings stünden gerade im Bundesinnenministerium aktuell viele große Aufgaben an – unter anderem beim Bevölkerungsschutz.
FDP-Parteivize Wolfgang Kubicki sagte den Zeitungen der Funke-Mediengruppe (Dienstag), das Bundesinnenministerium sei „keine geeignete Wahlkampfbühne in diesen ernsten Zeiten“. Doch es gibt auch führende FDP-Politiker, die Faeser zutrauen, dass sie beides unter einen Hut bekommt.
Und: Der Sprung aus Berlin an die Spitze einer Landesregierung ist zwei SPD-Politikerinnen und ehemaligen Bundesfamilienministerinnen bereits gelungen. Manuela Schwesig wurde einst Ministerpräsidentin von Mecklenburg-Vorpommern, Franziska Giffey Bürgermeisterin von Berlin. Auch in Hessen wäre das kein Novum. Mit dem politischen Gewicht als Bundesumweltminister gelang es Walter Wallmann 1987, erster CDU-Ministerpräsident von Hessen zu werden. (alp/dpa)