Dauerüberwachung am Arbeitsplatz: Amazon-Streit vor Gericht
Wie viele Daten darf der US-Konzern Amazon über seine Mitarbeiter erheben? Diese Frage beschäftigt zurzeit das Verwaltungsgericht Hannover. Geklagt hatte eine Winsener Tochtergesellschaft des Konzerns gegen Niedersachsens Datenschützerin Barbara Thiel. Sie hatte die ununterbrochene Datenerfassung durch das Unternehmen an einem niedersächsischen Standort für unzulässig erklärt. Der Onlinehändler beteuert hingegen, dass die erfassten Daten dringend gebraucht würden.
In einem datenschutzrechtlichen Kontrollverfahren klagt die Amazon Logistik Winsen GmbH vor dem Verwaltungsgericht Hannover gegen die Landesbeauftragte für den Datenschutz Niedersachsen, Barbara Thiel. Sie hat nach Auskunft des Gerichts im Oktober 2022 eine Verfügung gegen das Unternehmen am Standort Winsen/Luhe im Landkreis Harburg erlassen, wonach die ununterbrochene Erfassung der Daten nicht zulässig ist.
Hannover: Amazon klagt gegen Landesdatenschützerin
Es geht darum, dass in dem Logistikzentrum ein System angewendet wird, bei dem verschiedene Arbeitsschritte per Handscanner vermerkt werden. Vorgesetzte können so ständig einsehen, wie viele Pakete abgefertigt werden.
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Die ununterbrochene Erhebung und Verwendung von Beschäftigtendaten hatte die Datenschutzbeauftragte im Oktober 2020 untersagt. Sie stellt sich nach Auskunft des Gerichts auf den Standpunkt, dass die ständige Erhebung der entsprechenden Leistungsdaten rechtswidrig sei und gegen datenschutzrechtliche Bestimmungen verstoße.
Laut dem Onlinehändler sind die Daten wichtig für die Einsatzplanung
Amazon argumentiert, minutengenaue individuelle Leistungswerte würden bei der Steuerung der Logistikprozesse dazu benötigt, um auf „Schwankungen in einzelnen Prozesspfaden durch Verschiebungen“ reagieren zu können. Anhand der aktuellen Leistungswerte der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter könne man erkennen, ob sie an einem bestimmten Tag besonders schnell oder besonders langsam arbeiteten und hierauf durch Umverteilung reagieren.
Mittelfristig würden zurückliegende individuelle Leistungswerte benötigt, um die konstanten Stärken und Schwächen der Mitarbeitenden erfassen und bei der flexiblen Einsatzplanung berücksichtigen zu können. Zudem ermögliche diese Vorgehensweise die „Schaffung objektiver und fairer Bewertungsgrundlagen für Feedback und Personalentscheidungen“.
Amazon: „Sind überzeugt, dass das System deutschem Recht entspricht“
„Wir schätzen die großartige Arbeit unserer Teams und nutzen Technologie, um ihre Arbeitserfahrung zu verbessern und sie in ihren Aufgaben zu unterstützen“, hieß es in einer Stellungnahme von Amazon am Dienstag. Warenwirtschaftssysteme seien Industriestandard und Untersuchungen zeigten, dass sich diese positiv auf die Arbeitserfahrung der Mitarbeiter auswirken. „Wir sind überzeugt, dass das bestehende System dem deutschen Recht und den EU-Vorschriften entspricht.“
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Die Klage hat nun aufschiebende Wirkung, so dass derzeit weiter erfasst werde, sagte eine Gerichtssprecherin. Die für Datenschutz zuständige 10. Kammer setzte zunächst einen Verhandlungstag am Donnerstag (10 Uhr) am Standort von Amazon an. Dem Gericht ist kein weiteres Verfahren an anderen Standorten bekannt. Winsen ist eines von 20 großen Logistikzentren in Deutschland. Rund 1900 Mitarbeiter sind dort beschäftigt. (mp/dpa)