Aufnahme einer Industrieanlage in Hamburg.
  • Industrieanlage in Hamburg. (Symbolbild)
  • Foto: picture alliance/dpa/Marcus Brandt

Umweltbehörde versagt bei Überprüfung gefährlicher Industrieanlagen

In seinem Jahresbericht soll Hamburgs Rechnungshof den Jahres- und Konzernabschluss der Stadt bestätigen. Wie in den Vorjahren geschieht dies auch diesmal nur eingeschränkt. Für ein uneingeschränktes Okay müssen Senat und Verwaltung noch Hausaufgaben machen. Besondere Kritik gab es an der Umweltbehörde.

Eine Stiftung, die die Stadt mehr kostet als sie an Fördermitteln ausgibt, eine unzureichende Überwachung von Industrieanlagen, fehlerhafte Buchungen und schlechte Aktenführung – in seinem Jahresbericht 2023 liest der Hamburger Rechnungshof Senat und Verwaltung der Stadt einmal mehr die Leviten. Und in seiner Rolle als Abschlussprüfer kann der Rechnungshof der Stadt auch für 2021 wieder nur einen eingeschränkten Bestätigungsvermerk erteilen, wie Rechnungshofpräsident Stefan Schulz am Montag sagte. „Der Jahresabschluss und der Konzernabschluss vermitteln nur mit Einschränkungen ein den tatsächlichen Verhältnissen entsprechendes Bild der Vermögens-, Finanz- und Ertragslage.“

Hamburg: Rechnungshof prüft Jahresabschluss der Stadt

Insbesondere bei der Aktenführung – einem Berichtsschwerpunkt in diesem Jahr – müsse dringend nachgebessert werden. „Wir sehen, dass die alten Fehler der Papierakte munter fortgeführt werden mit der Einführung der elektronischen Akte. Und genau so soll es eben nicht sein.“ So seien „strukturelle Probleme“ deutlich geworden. „Dieser Punkt ist gerade keine Nebensache, sondern von erheblicher Bedeutung“, sagte er und betonte: „Die korrekte Aktenführung bildet eine wesentliche Grundlage des demokratischen Rechtsstaats.“

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Einen „Zahn zulegen“ müsse der Senat auch bei der Behebung von fehlerhaften Anlagen-Buchungen. Hier würden seit Jahren fertiggestellte Bauwerke – beispielsweise Brücken – immer noch als im Bau befindlich geführt. „Damit wird die Abnutzung wertmäßig nicht erfasst und insofern das Vermögen falsch dargestellt.“ Zwar gebe es positive Ansätze in der Finanzbehörde; „gleichwohl kann das Ergebnis über alle Behörden und Ämter noch nicht zufriedenstellen“.

Zudem habe die Prüfung ergeben, dass die Überwachung von Industrieanlagen durch die Umweltbehörde (Bukea) nur unzureichend erfolge. So sei mehr als ein Viertel der Überprüfungen in genehmigungspflichtigen Anlagen (IED-Anlagen) nicht ordnungsgemäß gewesen. „Bei einzelnen IED-Anlagen waren die Vor-Ort-Besichtigungen seit zwei oder mehr Jahren überfällig“, sagte Schulz.

„Informationssicherheit ist kein theoretischer Luxus“

Bei der Überwachung von Bereichen, die der Störfall-Verordnung unterliegen, seien ebenfalls Mängel festgestellt worden. „Es handelt sich hierbei um schwerwiegende Mängel, weil der Betrieb der Industrieanlagen mit besonderen Gefahren verbunden ist.“

Auch sei die vom Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik erlassene Freigaberichtlinie in keiner der sechs geprüften Hamburger Hochschulen vollständig umgesetzt worden. „Die Informationssicherheit ist leider kein theoretischer Luxus, sondern – wie vor kurzem der Hackerangriff auf die Hochschule für Angewandte Wissenschaften zeigte – von höchst praktischer Bedeutung“, mahnte Schulz.

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Als schon fast kurioses Beispiel wird im Jahresbericht eine Stiftung aus dem Gesundheitsbereich aufgeführt, für deren Verwaltung in der zuständigen Sozialbehörde den Erkenntnissen des Rechnungshofes zufolge 15.500 Euro im Jahr anfallen, die aber nur rund 5000 Euro an Fördergeldern pro Jahr ausgibt.

Auch mangelhafte und teils veraltete Kostenunterlagen bei der Modernisierung der Alster-Schwimmhalle werden im Bericht genannt. Hier sei die Umweltbehörde den Anforderungen als Bewilligungsbehörde nicht gerecht geworden.

Die Prüfer kritisieren die Rollenverteilung zwischen Behörden und Institutionen

Bei Bauvorhaben im Bereich des Hochwasserschutzes kritisiert der Rechnungshof die Rollenverteilung zwischen Behörden und anderen städtischen Institutionen. Laut Rollenmodell des Senats für das kostenstabile Bauen müsste die zuständige Umweltbehörde einen Realisierungsträger mit der Baumaßnahme beauftragen. Bei der Prüfung hätten sich aber ganze „Realisierungsträgerketten“ ergeben.

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So habe die Bukea zunächst den Landesbetrieb Straßen, Brücken und Gewässer (LSBG) beauftragt, der wiederum die Hafenbehörde HPA, die sich dann an die städtische Projekt-Realisierungsgesellschaft ReGe gewandt habe. Dort erst seien dann tatsächliche Planungs- und Bauarbeiten an vergeben worden, was am Ende zu unnötigen Kosten geführt habe. „So hat die LSBG der Bukea für die Jahre 2014 bis 2020 Honorare von rund 1,8 Millionen Euro in Rechnung gestellt, ohne hierfür selbst Gegenleistungen zu erbringen.“

Zudem wird das schon 2012 angekündigte Bauprogramm „Hochwasserschutz“ laut Rechnungshof „viel teurer und viel später fertig“. Sei man 2012 noch von Kosten in Höhe von 550 Millionen Euro und einer Fertigstellung bis 2038 ausgegangen, liege die Kostenprognose nun bei 1,3 Milliarden Euro und die Angaben zur Fertigstellung reichten bis 2050, sagte Schulz.

Haushaltsexperte der CDU sieht schwerwiegende Defizite

Der Bund der Steuerzahler Hamburg nannte die Erkenntnisse des Rechnungshofs „erschreckend“, da „es sich dieses Mal offensichtlich um eine Mischung aus Ignoranz und mangelndem Sachverstand handelt“, wie die Landesvorsitzende Petra Ackmann erklärte. „Wie anders lässt es sich sonst erklären, dass eine so gravierende Aufgabe wie der Hochwasserschutz mit so wenig Engagement vorangetrieben wird.“

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Für Thilo Kleibauer, Haushaltsexperte der CDU in der Bürgerschaft, zeigt der Jahresbericht schwerwiegende Defizite im Verantwortungsbereich der Umweltbehörde. „Dies betrifft gravierende Probleme und Kostensteigerungen beim Hochwasserschutz, fehlende Prüfungen von Störfallbetrieben sowie Mängel in der Kalkulation des Großprojekts Alsterschwimmhalle. Hier müssen dringend das Controlling und die Transparenz verbessert werden, um Risiken für die Steuerzahler zu begrenzen.“

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