Neue Kinderkrankheit: Experten vermuten Coronavirus als Auslöser
Covid-19 könnte bei Kindern eine schwere Entzündungserkrankung verursachen. Mediziner melden aus mehreren Ländern ähnliche Fälle mit Symptomen wie Fieber und Ausschlägen. Allein im US-Bundesstaat New York zeigten über 100 Kinder diese Merkmale – drei von ihnen starben. Gibt es einen Zusammenhang mit Covid-19? Eine erste Studie aus Italien bringt mehr Klarheit.
In der Regel verläuft eine Corona-Infektion bei Kindern eher mild. Doch in einigen wenigen Fällen kann die Erkrankung anscheinend zu Symptomen führen, die an das Kawasaki-Syndrom, eine seltene Kinderkrankheit, erinnern. Das Syndrom führt zu einer Überreaktion des Immunsystems, die vermutlich durch Bakterien oder Viren ausgelöst wird. Die Kinder bekommen Fieber, Ausschläge und Atemnot.
Fälle dieser Art wurden bereits aus Italien, Spanien, Frankreich, der Schweiz, Großbritannien und auch Deutschland bekannt. Am Freitag meldete ein Krankenhaus in Marseille den ersten Todesfall durch das Syndrom in Frankreich. Eine Häufung an Fällen gibt es nach Aussagen verschiedener Experten in Deutschland aber bisher nicht. „In Deutschland sind zehn Kinder und Jugendliche erkrankt, keines der Kinder ist gestorben“, sagt Inge Krägeloh-Mann, Präsidentin der Deutschen Gesellschaft für Kinder- und Jugendmedizin in der „FAZ“.
Entzündungen bei Kindern: Studie vermutet Zusammenhang mit Corona
Eine erste Studie aus Bergamo, dem Zentrum der Pandemie in Italien, beleuchtet die charakteristischen Merkmale der seltenen Entzündungskrankheit. Wie die Ärzte im Fachblatt „The Lancet“ berichten, könne diese tatsächlich mit Covid-19 in Verbindung stehen – die Mediziner betonen aber, dass nur ein geringer Anteil jüngerer Patienten betroffen ist.
Die Ärzte aus dem „Papa Giovanni XXIII“-Krankenhaus in Bergamo haben die Fälle von Kindern, die zwischen dem 18. Februar und dem 20. April derartige Krankheitsmerkmale zeigten, mit Kawasaki-Fällen in der Region aus den fünf Jahren vor Beginn der Pandemie verglichen. Den Studienautoren entsprächen die Ergebnisse einer 30-fachen Zunahme von Fällen mit Kawasaki-ähnlichen Symptomen. Die Mediziner weisen allerdings darauf hin, dass es schwierig sei, auf Grundlage solch geringer Zahlen gesicherte Schlussfolgerungen zu ziehen.
Das könnte Sie auch interessieren: Geben Kinder das Virus weiter? UKE nennt erste Details zur neuen Corona-Studie
Deutschland: Wachsamkeit, aber keine Panik
Vieles spräche für einen Zusammenhang des Corona-Virus und der neuen Entzündungserkrankung, sagt auch Ania Muntau, Direktorin der Klinik und Poliklinik für Kinder- und Jugendmedizin am Donnerstag in Hamburg. Kinderärzten rät Muntau deshalb zu Wachsamkeit.
Die Deutsche Gesellschaft für Pädiatrische Infektiologie (DGPI) ist gerade dabei, ein Meldesystem für Verdachtsfälle zu etablieren und werde die Situation aufmerksam beobachten. „Im Moment ist die Situation in Deutschland aber sicher nicht beunruhigend“, so Johannes Hübner, stellvertretender Leiter der Kinderklinik an der Uni München zusammen und Vorsitzender der DGPI.
Auch der Berliner Virologe Christian Drosten machte am Donnerstag im NDR-Podcast deutlich, dass er keinen Grund zu Alarmismus sieht. Es handle sich um ein seltenes Phänomen, über das die internationale Kinderheilkunde nun beginne zu diskutieren. Drosten verwies auch auf die gute Behandelbarkeit der Erkrankung. (abu/dpa)