• Foto: Stefan Tretropp

Stieftochter sexuell missbraucht: Polizist zu mehreren Jahren Haft verurteilt

Rostock –

Ein Rostocker Polizeibeamter ist am Landgericht der Hansestadt wegen des sexuellen Missbrauchs an seiner Stieftochter zu einer dreijährigen Gefängnisstrafe verurteilt worden. Der 56-Jährige hat sich über mehrere Jahre an dem Mädchen vergangen, bis es das Schweigen brach und ihn anzeigte. 

Der Polizist, der von Anfang an alle ihm vorgeworfenen Taten abstritt und von einem Rachefeldzug sprach, ist seit Februar dieses Jahres vom Dienst suspendiert. Neben dem sexuellen Missbrauch an seiner heute 19-jährigen Stieftochter, die im Prozess als Nebenklägerin auftrat, war der 56-Jährige zudem im Besitz kinderpornografischer Bilder und Schriften.

Rostocker Gericht: „sehr belastende Woche“

Die Strafbarkeit in diesem Fall war aber bereits verjährt. Für das Gericht rund um den Vorsitzenden Wolfgang Strauß war der Schnell-Prozess (Montag Anklageverlesung, Freitag Urteil) eine „sehr belastende Woche“, an deren Ende es eine „schwere Entscheidung“ zu treffen galt.

Der in Scheidung lebende 56-Jährige und neunfache Vater arbeitete seit 1989 im Polizeidienst. Der Angeklagte, vertreten durch Verteidiger Thomas Penneke, hatte laut Gericht während der Ehezeit mehrere Affären, bis die Ehefrau das bemerkte, das gemeinsame Schlafzimmer verließ und in einen Anbau des gemeinsamen Hauses zog.

Regelmäßiger Geschlechtsverkehr mit Stieftochter 

In diesem Zeitraum (2014) begann der sexuelle Missbrauch an der damals 13- bzw. 14-jährigen Stieftochter. Es begann mit dem Beobachten beim Duschen, später half der Mann seiner Tochter beim Abtrocknen und berührte sie im Intimbereich. „Die Taten steigerten sich“, erklärte die Staatsanwältin im Prozess. „Er küsste sie, fasste ihr in Frauenarztmanier an die Schamlippen, untersuchte und inspizierte sie und führte schließlich Finger ein.“ Danach kam es zwischen beiden regelmäßig zum Geschlechtsverkehr mit Kondom.

Gericht: einvernehmliche sexuelle Handlungen 

Laut Gericht handelte es sich um einvernehmliche sexuelle Handlungen, die für die damals etwa 15-Jährige zur „Routine“ wurden. Sie hatte sich in ihren Stiefvater „verliebt“. Erst im Frühjahr 2017 fasste das Mädchen im Alter von 17 Jahren Mut und brach das Schweigen. Es suchte eine Frauenberatungsstelle auf, die wiederum Anzeige bei der Polizei erstattete.

Auch ihrer Mutter schilderte die Nebenklägerin die Übergriffe, die ihr erst nicht glaubte. Erst als ihre Tochter von den sexuellen Vorlieben des Mannes berichtete und diese sich mit denen, die er auch bei der Mutter angewandt hatte, deckten, glaubte sie ihrer Tochter.

Kinderpornografische Bilder und Schriften auf Computer

Nach der Anzeige kam es zur Hausdurchsuchung, bei der unter anderem ein vom Angeklagten genutzter Computer beschlagnahmt wurde. Auf ihm befanden sich laut Gericht kinderpornografische Bilder und Schriften. Nach Bekanntwerden der Anzeige kam es zwischen dem Polizisten und seiner Noch-Frau immer wieder zu heftigen Streitigkeiten – unter anderem wegen des Aufenthaltsbestimmungsrechts der Kinder und Unterhaltsforderungen.

Weil der heute 56-Jährige im Zuge eines solchen Streits mal „die Bude zerlegte“, kam auch die Polizei zum Einsatz. Die derzeitige Lebenspartnerin des Angeklagten, die als Zeugin vor Gericht aussagen musste, glaubte bis zuletzt nicht an die von der Nebenklägerin erhobenen Vorwürfe.

Gericht verhängt höhere Strafe als von Staatsanwaltschaft gefordert

„Das würde ich ihm nie zutrauen. Ich glaube an eine Racheaktion von Stieftochter und Mutter“, berichtete die 37-Jährige, selbst Polizistin. Immer wieder bezichtigte der Angeklagte Stieftochter und Mutter der Lüge. Das Gericht sah am Ende den sexuellen Missbrauch von Schutzbefohlenen in zehn Fällen als erfüllt an und verhängte mit drei Jahren Gefängnis sogar eine noch höhere Strafe als von der Staatsanwaltschaft gefordert (zwei Jahre/fünf Monate).

Prozess in Rostock: Schilderungen der Stieftochter glaubhaft

Der Anklagepunkt des sexuellen Missbrauchs von Kindern in einem Fall wurde eingestellt. Die Kammer fand kein Motiv, warum das Mädchen hätte Rache nehmen und lügen sollen. Eine durchgeführte „Wahrheitsanalyse“ brachte zutage, dass die Schilderungen der Stieftochter glaubhaft sind. Bei der Urteilsfindung sprach für den Angeklagten, dass dieser nicht vorbestraft ist, die Taten lange zurückliegen, es einvernehmlicher Geschlechtsverkehr war, die schweren dienstrechtlichen Konsequenzen, er ein Kondom benutzte und die Taten nicht in Ausübung des Berufes stattfanden sondern im privaten Umfeld.

„Für Sie wird es als ehemaliger Polizeibeamter in der JVA nicht leicht werden“, mit diesen Worten endete der nervenaufreibende Prozess. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Verteidiger Penneke, der Freispruch gefordert hatte, hat Revision eingelegt. Nun muss der Bundesgerichtshof über den Fall befinden. Dauer: Zwischen drei und sechs Monate.

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